Kommentar

Bersets Irrflüge

Bersets Irrflüge
Bild: Screenshot SRF
Lesezeit: 3 Minuten
Bundesrat Alain Berset pflegt in seiner Freizeit ein exklusives Hobby: Der Herr pilotiert gerne mal ein Sportflugzeug. Gleichzeitig gängelt uns seine Partei mit immer neuen Ge- und Verboten. Eine irritierende Kombination.

Bundesrat Berset steckt in einer veritablen Negativspirale: Erst hatte der dreifache Familienvater eine aussereheliche Affäre mit einer Frau, die er erst – als die Liaison noch aktuell war – auf Staatskosten herumchauffieren und dann, als die Liebelei beendet war, von der Polizei einschüchtern liess, weil sie ihn mit der Affäre zu erpressen versuchte. Unterlagen zu diesem Fall «verschwanden» aus dem Gesundheitsdepartement.

Dann wurde sein Kommunikationschef Peter Lauener in Untersuchungshaft gesetzt, weil gegen ihn wegen Indiskretionen in der Affäre um die Zuger Crypto AG ermittelt wird.

Und jetzt – last, but not least? – kommt heraus, dass der rote Bundesrat, dessen Partei so gerne der Bevölkerung vorschreibt, wie sie zu leben, was sie zu tun und vor allem was sie zu lassen hat, in seiner Freizeit gerne mal ein Sportflugzeug pilotiert.

Still und heimlich sollte es sein
Heraus kam die Angelegenheit nur, weil der Herr Bundesrat einen französischen Militärflughafen unerlaubterweise überflogen hatte und daraufhin von der dortigen Luftwaffe zur Landung gezwungen wurde.

Still und heimlich machte der Freiburger 2009, als er noch Ständerat war, seine Privatpilotenlizenz. Und still und heimlich wollte der Posterboy der SP von da an auch seine Leidenschaft pflegen – «Aber pssst, niemand weiss es!», schrieb er über seine geheime Passion in einer Mail an einen Bekannten, mit einem Smiley.

Nun, das Lachen dürfte dem Hobbypiloten derweil vergangen sein: Der Zwischenfall in Frankreich machte seine Leidenschaft, die er so gerne unter dem Deckel gehalten hätte, in der ganzen Schweiz bekannt. Dumm gelaufen!

Apropos dumm: Man fragt sich als Laie ja schon auch, wie schlau man sein muss, um über einen als Sperrzone ausgewiesenen und so kartografierten Militärflugplatz zu fliegen. Experten aber sagen, das könne jedem passieren, Frankreich habe halt sehr viele Sperrgebiete. Na dann ...

Wasser predigen, Kerosin tanken
Aber um Bersets fliegerisches Geschick geht es hier gar nicht, sondern um sein politisches Gespür: Man kann doch nicht bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit der Bevölkerung den Klimawandel um die Ohren hauen und ihr immer mehr Ge- und Verbote auferlegen, was das Reise- und das Freizeitverhalten angeht, und dann frischfröhlich das Gegenteil von dem machen, was die Parteilinie vorgibt – Wasser predigen und Kerosin tanken, sozusagen (der Kalauer ist nicht von mir, sondern von dem Berner FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen, der in diesem Zusammenhang auch noch genüsslich darauf hinweist, dass Fabian Molina und Cédric Wermuth mit dem Flieger nach Deutschland zu «Genosse Olaf Scholz» gejettet sind –wo doch SP-Präsident Wermuth noch 2019 ein Flugverbot für alle Destinationen, die innert zwölf Stunden mit dem Zug erreichbar sind, gefordert hatte).

Bezüglich Doppelmoral steht Alain Berset an der SP-Spitze also nicht alleine. Ob er sich dort allerdings noch lange halten kann, ist fraglich. Zwar versuchen die meisten Medien noch, das SP-Aushängeschild zu stützen, indem sie ihren Lesern dessen Fliegerei als Privatsache zu verkaufen versuchen, der Ärger in der Parteileitung um den neusten Fauxpas des Magistraten dürfte allerdings riesig sein – 2023 stehen wieder Bundesratswahlen an.

Zeigt Alain Berset für einmal Grösse und tritt freiwillig zurück? Ich persönlich wünsche es mir. Denn fortan wird sein Name untrennbar mit Doppelmoral verbunden sein. Und ich will nicht von einem scheinheiligen Heimlifeissen regiert werden – der sich beim Sündigen auch noch erwischen lässt.

 Stephan Ziegler, Chefredaktor LEADER