Appenzeller-Stand mit Geschichte(n)

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An der 75. Olma zum 75. Mal dabei: Die Appenzeller Alpenbitter AG ist einer von nur drei Ausstellern, die keine Olma verpasst haben. Ihr Stand ist seit jeher ein beliebter Treffpunkt: Hier kamen Paare zusammen, wurden Portemonnaies verwahrt und Lieder gesungen. Zwei langjährige Standmitarbeiterinnen plaudern aus dem Nähkästchen.

Sie gehörten zum Appenzeller-Stand wie der Alpenbitter und die Menschentrauben: die Schwestern Emilia Schefer-Koller und Silvia Gassner-Koller. 1979 arbeiteten sie im Alter von 14 und 18 Jahren zum ersten Mal am Olma-Stand. Und als sie 2012 gemeinsam mit ihrer Kollegin Martha Dörig aufhörten, schenkten sie den zahlreichen Stammgästen kleine Alpenbitter-Flaschen mit ihrem Foto darauf. «Viele Leute haben dieses Fläschlein heute noch», sagt Emilia Schefer. «Erst im Nachhinein wurde mir bewusst, wie sehr wir den Appenzeller-Stand an der Olma mitgeprägt haben.»

«Gläsere» hinter den Kulissen

In den ersten Jahren, im Alter von 14 bis 17 Jahren, war Emilia Schefers Aufgabe jeweils das «Gläsere», das Abwaschen der Gläser. Elf Tage lang, bis sie Blasen an den Fingern hatte. «Das war damals Tradtion: elf Tage oder gar nicht.» Ab 18 durfte sie wie ihre Schwester an der Theke Appenzeller Alpenbitter und andere Spirituosen ausschenken. Und das schon am Morgen. «Die legendäre Halle 7, in der wir waren, öffnete früher als andere Hallen. Da kamen viele Aussteller vorher zu uns, nahmen einen Starter und wurden über die Jahre zu einer kleinen Familie.»

Hochzeiten und Taufen

Sogar richtige Familien wurden am Appenzeller-Stand gegründet. Hier lernten sich Männer und Frauen kennen, die später Hochzeit feierten. Und nicht nur das. Sie luden Emilia vom Appenzeller-Stand gleich dazu ein oder benannten sogar ihr Kind nach ihr. Viele Standbesucher hätten ihren fixen Olma-Tag gehabt: «Man wusste: Heute kommt diese Berner Gruppe, morgen die Basler ...» Für viele Gruppen gilt das wohl heute noch, was sich jedoch verändert hat: Früher wurde oft gesungen am Olma-Stand.

Hatte jemand deutlich zu viel getrunken, wurde er von den Damen am Stand freundlich darauf hingewiesen und mit Wasser versorgt – oder mit Cola im Appenzeller-Glas, wenn die Trinkpause diskret vor Kollegen versteckt werden sollte.

Kinderdorf Pestalozzi  eastdigital breakfast, 22.05.2025  

Stimme verloren

Im Laufe der Zeit veränderten sich der Appenzeller-Stand und sein Standort mehrmals. In den 1940er-Jahren prägte ein grosser Appenzellerbär den Stand, 1951 stand ein erstes kleines Appenzellerhaus in der Tonhalle. Andere Bauernhäuser gehörten später zur 1953 gebauten Halle 7, genauso wie der Zigarettenrauch und der hohe Lärmpegel. Beides schlug Emilia Schefer und Silvia Gassner auf die Stimme: «An den letzten Olma-Tagen waren wir jeweils so heiser, dass wir kaum mehr sprechen konnten.»

Als die Halle 7 brannte

Im Jahr 2000 bekam der Appenzeller Alpenbitter einen modernen, gelben Stand und einen neuen Standort. «Er war sehr schön und praktisch», sagt Emilia Schefer. Doch die Freude war von kurzer Dauer. Kaum hatte die Olma 2000 die Tore geschlossen, brannte die Degustationshalle 7 ab – und mit ihr der neue Stand.

Was tun am freien Tag?

Die Nachfolge von Emilia Schefer, Silvia Gassner und Martha Dörig am Olma-Stand war sorgfältig geplant. Die Einführung neuer Mitarbeiterinnen brachte es mit sich, dass die bewährten Degustantinnen auch mal frei hatten an der Olma. «An einem einzigen Tag hatten Emilia und ich gemeinsam frei», erzählt Silvia Gassner, «wir hätten gemeinsam endlich etwas Erholung vom ganzen Trubel geniessen können. Doch was haben wir gemacht? Wir gingen an die Olma – und kamen nicht weiter als in die Degustationshalle. Eigentlich doof. Aber es war super.»

Pressestimmen aus dem Archiv:

1964

Über das «typische Appenzeller Haus in Halle 7»: «Es lässt sich darin kurzweilig sitzen, derweil Herz und Gemüt vom Appenzeller Alpenbitter auf ‚lebenskünstlerische Art’ erfrischt werden.»

Unternehmertag Vaduz  

1967 – Mitteilung der Olma

«Unter den rund 1000 Ausstellern der Jubiläums-OLMA 1967 befinden sich 17 Aussteller, die schon vor 25 Jahren bei der ersten OLMA, als sie noch bescheiden als Anbauschlacht-Ausstellung auftrat, mitgemacht haben und seither an jeder OLMA zu den Ausstellern gehörten.»

1968

«Der Degustationsstand der Fa. Emil Ebneter & Co. AG. überrascht durch die grundlegend vom Bisherigen abrückende Konzeption. Manches Jahr war es das sehr schöne Appenzellerhäuschen, das für die Produkte warb. Nunmehr wurde vom Einbezug des folkloristischen Moments gänzlich abgesehen. Zwei Grossfotografien von Landschaften aus unserer Gegend dominieren als Blickfang, wie auch die goldumränderten Kojen und die Aufschriften «Appenzeller Alpenbitter». Marktforschungsergebnisse sollen dazu geführt haben, das volkstümliche Requisit in den Hintergrund treten zu lassen, dies zugunsten moderner Werbung.»