45% der Entlassenen sind über 50

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Das Tempo der beruflichen Neupositionierung bleibt hoch: Die herausfordernde Wirtschaftslage, die Globalisierung und die digitale Transformation verändern die Rolle des Outplacement Coaches. Der Markt verlangt nach Komplettlösungen, wie die aktuelle Dreijahreserhebung der St.Galler Grass & Partner AG zeigt.

Die Anforderungen an professionelle Coaches für Outplacement sind in den letzten Jahren gestiegen. Beratungserfahrung und psychologisches Hintergrundwissen gehören zum Standardangebot. Immer mehr verlangen die von einer Entlassung Betroffenen, dass ihre Coaches zusätzlich über ein aktives und funktionierendes Netzwerk bei potentiellen Arbeitgebern verfügen und dadurch Kenntnisse zum verdeckten Stellenmarkt haben. Andererseits wird auch erwartet, dass sie sich ebenso gut in den Bereichen VR-Mandate, Firmenaufbau- und übernahmen und Nachfolgeregelungen sowie Interimsmanagement auskennen.

Komplettlösungen entlasten HR-Verantwortliche

Grass & Partner, der Experte für Trennungsmanagement und berufliche Neuorientierung, verzeichnete im letzten Jahr eine steigende Nachfrage nach Komplettlösungen im Outplacement. Oft hatten die HR-Abteilungen von betroffenen Firmen keine Kapazität, grössere Personalwechsel im Alleingang zu bewältigen. Sie wollten den Personalabbau jedoch sozialverträglich gestalten und konnten sich durch den Beizug von externen Outplacement-Beratern in ihrer Prozessbewältigung entlasten lassen.

Konstruktive und vertrauensbildende Komplettlösungen verhalfen den HR-Verantwortlichen, die Trennungssituationen meistens konfliktfrei zu meistern. Ein fairer und ehrlicher Umgang mit entlassenen Mitarbeitern ist für eine gute Unternehmensreputation nur zuträglich. Denn sie bleiben auch nach der Trennung Multiplikatoren des Unternehmens.

Privates Karrieremanagement verstärkt nachgefragt

Gestiegen ist die Nachfrage nach privaten Karriereplanungen. Auch jüngere Kader, die sich nicht vor einer Entlassung fürchten müssen, wollen sich rechtzeitig in einem strukturierten Prozess Klarheit bezüglich der persönlichen Zielsetzungen und Perspektiven verschaffen. Diese Standortbestimmung kann allenfalls zur Fortführung der Karriere in einem neuen und passenderen beruflichen Umfeld führen. Oder es kann sein, dass der Mitarbeitende durch diese Analyse im bestehenden Unternehmen einen neuen, seinen Fähigkeiten und Talenten besser entsprechenden Verantwortungsbereich findet.

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Linkedin oder Xing sind (noch) keine Jobbörsen

Der richtige Umgang mit den Social Media Plattformen wie Linkedin oder Xing will gelernt sein. Dass jemand eine Stelle auf diesen Online-Tools findet ist eher unwahrscheinlich. Wertvoll sind sie jedoch allemal, wenn es darum geht, sich Informationen über eine Person oder ein Unternehmen zu verschaffen. Nur, wie erstellt man ein richtiges Profil? Wie recherchiert man erfolgreich und wie bleibt man in Kontakt mit seinem Netzwerk? Grass & Partner beantwortet diese Fragen als Bestandteil des Karriere-Managements.

Entspannung im Industriesektor

Seit 2014 hat sich der Anteil an Kündigungen in der Industriebranche von 35% auf 26% im 2016 reduziert. Es scheint, dass sich viele Industrieunternehmen, insbesondere auch KMU vom Frankenschock langsam erholen. Stabil und sogar abnehmend zeigt sich die Situation in der Pharmabranche und bei den Versicherungen. Im Vergleich zum Jahr 2014 hat sich 2016 bei den Versicherungen der Anteil an Entlassungen von 10% auf 5% halbiert. Kaum verändert haben sich die Branchen Informatik und Gross- und Detailhandel.

Zunahme im Bankwesen und Dienstleistungssektor

Die Betreuung von entlassenen Bankangestellten hat im 2016 mit 14% den Stand vom Jahr 2014 erreicht. Dies ist eine Zunahme von 3% gegenüber 2015. Stärker zugenommen haben im 2016 mit 15% die Entlassungen im Dienstleistungsbereich. Dies sind 5% mehr als im 2015.

Restruktierungen sind Hauptgrund für Trennungen

57% der von Grass & Partner im 2016 betreuten Kader- und Fachleute haben ihre Arbeitsstelle aufgrund von Restrukturierungsmassnahmen verloren. Sie sind eindeutig der Hauptgrund für Entlassungen. Im Vergleich dazu betrafen dies im 2014 „nur“ 46%. Weitere Gründe wie mangelnde Leistung oder natürlicher Personalbau veränderten sich über die letzten drei Jahr nicht. Persönliche Unstimmigkeiten als Trennungsgrund haben sich sogar von 29% im 2014 auf 21% im 2016 verringert.

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45% der Entlassenen sind über 50 Jahre alt

Im 2015 waren von den betroffenen Kader- und Fachspezialisten 43% über 50 Jahre alt. Im 2016 waren es 45%. Die Situation für diese Alterskategorie hat sich nicht massgeblich verändert. Es gibt jedoch Lösungen für die Gruppe 50plus. Nach einer erfolgreichen Standortbestimmung können auch über 50-Jährige wieder vermittelt werden. Das Coaching dieser Kategorie dauert einfach länger. Bis zur Lösungsfindung muss mit bis zu einem Jahr gerechnet werden.

Ältere Kader gehen oft auch in die Selbständigkeit. Sie steigen ins Beratungs- oder Interimsmanagement-geschäft ein, gründen und kaufen Firmen oder engagieren sich in Verwaltungs- und Stiftungsräten. Grass & Partner kennt sich genau mit diesen Ansprüchen aus und hat in den letzten Jahren viele ältere Kader auf ihrem neuen Weg begleitet.

Branchenwechsel wird anspruchsvoller

Seit der letzten Erhebung wechselten nach der Trennung vom Arbeitgeber nochmals weniger die Branchen. Der Anteil sank von 39% im 2014 auf 28% im Jahr 2016.

52% der betreuten Personen verfügen über einen Hochschulabschluss. Im 2016 betreute Grass & Partner 29% Frauen und 71% Männer. Der Frauenanteil ist zu den Vergleichsjahren ähnlich geblieben.

Jobsuche: Erfolgsgeheimnis persönliches 1:1-Networking

Die Jobsuche auf den Social Media Plattformen hat sich bis jetzt eher als Hype dargestellt. Wie im Vorjahr haben auch 2016 42% aller Entlassenen durch aktives und persönliches 1:1-Networking ihre neue Stelle gefunden. Verloren hat hingegen die Executive Search von 11% im 2015 auf 6% im 2016.

Hintergrundinformationen

Die Dreijahreserhebung von Grass & Partner basiert auf über 700 Kaderleuten und Fachspezialisten aus verschiedensten Branchen. Der Druck auf Mitarbeitende mit Stabsfunktionen hat 2016 etwas abgenommen, ist aber immer noch hoch. Die Quote sank von 24% im 2015 auf 18% im letzten Jahr. Rückläufig waren auch die Entlassungen im Marketing. Im 2015 machte diese Kategorie 22% aus, 2016 noch 19%.

45% der im 2016 betreuten Kandidatinnen und Kandidaten waren über 50 Jahre alt. Dies entspricht in etwa der Prozentzahl der Gruppe 50plus im Vorjahr. Die Vermittelbarkeit dieser Altersgruppe ist nach wie vor gegeben. Der Arbeitsmarkt hat den Wert von älteren Kadermitarbeitenden erkannt. Die durchschnittliche Dauer bis zur Lösungsfindung hat sich leicht auf 5.8 Monate verkürzt.