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«Wir investieren viel in Weiterbildung»

«Wir investieren viel in Weiterbildung»
Ueli Eugster, Roger Baumer
Lesezeit: 6 Minuten

Die in St.Gallen ansässige Hälg Group ist in der Gebäudetechnik und im Facility-Management tätig. In diesem Markt ist das Know-how der einzelnen Mitarbeiter matchentscheidend; deshalb setzt das Unternehmen auf massgeschneiderte Weiterbildungsangebote.

«Wir sind ein Dienstleistungsunternehmen, wir haben kein Produkt, das wir direkt verkaufen können. Alles, was wir machen, hängt von den Menschen bei uns ab», sagt Roger Baumer, Mitinhaber und Delegierter des Verwaltungsrates der Hälg Group. «Darum ist uns die Ausbildung und die Weiterbildung unserer Mitarbeiter sehr wichtig – in ganz verschiedenen Dimensionen.» Diese Haltung spiegelt sich auch im Nachhaltigkeitsbericht des Unternehmens: «Mitarbeiter, die sich mit ihrer Expertise und ihrem Engagement einbringen, sind der Schlüssel zu unserem nachhaltigen Erfolg. Sie nehmen eine zentrale Rolle zur Stärkung unserer Reputation ein und sind unser Differenzierungsmerkmal unseren Mitbewerbern gegenüber», ist dort nachzulesen.

Lernen hört nicht auf

Um überhaupt gute Berufsleute im Unternehmen zu wissen, ist den Inhabern Roger und Marcel Baumer auch die Lehrlingsausbildung ein grosses Anliegen, «das machen wir mit viel Energie und viel Kompetenz», betont Roger Baumer. Doch nach der Lehre oder nach der Einstellung hört das Lernen nicht auf. «Die Leute müssen sich entwickeln können, das ist eines der Kernthemen bei uns», erklärt Roger Baumer.

Zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten wurde darum auch ein Entwicklungsdialog installiert, der vom klassischen Mitarbeitergespräch mit Zielvereinbarungen abgekoppelt wurde. Hier wird nicht über Ziele und Leistungen gesprochen, sondern bewusst die Entwicklung in den Fokus gerückt, wie Roger Baumer betont: «Wichtig ist, das Potenzial der Mitarbeiter zu erkennen.»

Human-Resources-Chef Ueli Eugster verweist darauf,  dass die Thematik auch gerade in einem Seminar für Führungskräfte besprochen wurde. «Wir haben eine Wachstumsstrategie, deshalb rekrutieren wir zum einen neue Leute, wir haben aber zum anderen auch ein Augenmerk darauf, gute Leute länger bei uns im Unternehmen zu halten. Wachsen bedeutet in unserer Branche primär, gute Mitarbeiter zu halten. Das ist ein entscheidender Ansatz.» Mitarbeiter, die sich weiterentwickeln möchten, müssen sich also nicht einen neuen Job suchen; sie können innerhalb von Hälg wachsen und werden mit Weiterbildungsmöglichkeiten unterstützt.

Mit rund 1150 Mitarbeitern erzielte die Hälg Group 2023 einen Umsatz von 360 Millionen Franken. In den nächsten zwei Jahren soll das in Gebäudetechnik, Gebäudeautomation, Klima-, Heiz- und Lüftungstechnik sowie Facility-Management tätige Unternehmen 1250 Mitarbeiter zählen. «Rekrutieren wird also wichtig bleiben, und Halten wird wichtig bleiben», sagt Roger Baumer.

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«Die Leute müssen sich entwickeln können; das ist eines der Kernthemen bei uns.»

Empfehlung durch Mitarbeiter

Um 100 zusätzliche Stellen zu besetzen, muss ein Unternehmen in der heutigen Arbeitswelt alle Register ziehen. Die Hälg Group kann darauf zählen, dass etwa zehn Prozent des Bedarfs über ein klassisches Weiterempfehlungsprogramm gedeckt werden können. Das Programm heisst «bring a friend», und damit ist quasi schon eine Qualitätssicherung eingebaut: «Wer einem Freund sagt, die Firma ist cool, obwohl es nicht stimmt, ist nicht mehr lange ein Freund», sagt Roger Baumer, «und niemand bringt eine Person ins Unternehmen, die nicht gut ist, weil man ja selbst für diese Person einsteht, auch gegenüber dem Team.» Klappt es mit einer Vermittlung, bekommt ein Mitarbeiter nach bestandener Probezeit eines Freunds eine Prämie.

Um einen Freund vom Arbeitgeber Hälg Group zu überzeugen, sollen die Mitarbeiter nicht zuletzt von den Weiterbildungen erzählen. «Beim Lohn findet man vermutlich immer einen, der noch etwas mehr zahlt, sagt Ueli Eugster, «deshalb sind die Entwicklungsmöglichkeiten für uns als Arbeitgeber-Brand wichtig.»

Das Weiterbildungsangebot an sich sei noch kein differenzierender Faktor, sagt Ueli Eugster, andere Arbeitgeber würden auch einiges anbieten. «Der Unterschied ist, wie wir es machen.» In der Mitarbeiterbefragung wird die grundsätzliche Bereitschaft zur Weiterempfehlung von Hälg abgefragt und auch, welche Aspekte sie weitererzählen. «Das sind neben der Firmenkultur als familiengeführtes Unternehmen oft die Bildungsthemen, und eher weichen Faktoren als Hard Facts: «Nicht, wie viel Budget oder wie viele Tage wir aufwenden, sondern wie es gemacht wird», hält Ueli Eugster fest.

Austausch auf Augenhöhe

Ueli Eugster wechselte vor etwas mehr als vier Jahren aus der Finanzbranche zur Hälg Group und war positiv überrascht, als er sah, was das Unternehmen alles im Bereich Weiterbildung umsetzt. «Was mir hier rasch auffiel: Weiterbildungen sind fast immer auch Gefässe für einen Austausch unter den Mitarbeitern», sagt Ueli Eugster. «Egal, für welchen Bereich wir eine Weiterbildung organisieren: Das relevante Wissen ist meistens in der Gruppe schon vorhanden. Es geht also vor allem darum, dieses Wissen zu transferieren.»

Dem HR-Chef ist auch aufgefallen, dass Hälg-Mitarbeiter ganz anders auf Weiterbildungsangebote reagieren als Leute aus der Finanzbranche. «Sie fragen nicht zuerst, was es für ein Zertifikat gibt oder wie viele Credits, sondern: Wer ist auch dabei, wer sind meine Peers?», erklärt Eugster. Für die Mitarbeiter sei es zentral, mit wem sie sich austauschen.

Gerade weil viele Weiterbildungsformate bei der Hälg Group solche Austauschformate auf Augenhöhe sind, wo die einzelnen Mitarbeiter ihr Wissen einbringen können, wird es als Wertschätzung wahrgenommen, daran teilnehmen zu dürfen. «Wir gehen davon aus, dass unsere Mitarbeiter grundsätzlich wissen, wie etwas funktioniert», sagt Ueli Eugster. «Für reine Gewusst-wie-Inhalte haben wir vor sechs Jahren begonnen, eine E-Learning-Plattform aufzubauen», ergänzt Roger Baumer. «Da können wir die konkrete Ausbildung auf bestimmten Tools standardisieren, um gleichmässige Qualität, Effizienz hinzubekommen.»

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Die meisten Weiterbildungsformate der Hälg Group werden inhaltlich vom Unternehmen mit einem Partner erarbeitet,  «wir überlegen uns jeweils, mit wem wir zusammenarbeiten können, wer methodisch-didaktisch zu uns passt», sagt Ueli Eugster. «Im Führungszyklus Progress arbeiten wir mit dem Schweizerischen Institut für KMU und Unternehmertum der Universität St.Gallen zusammen. Die HSG bietet den Rahmen von vier Blöcken à zwei bis drei Tage, in jedem Block ist dann jemand aus der Hälg-GL oder dem HRM als Referent mit dabei.» Dieses Programm ist ausgerichtet auf Mitarbeiter, die schon Führungsaufgaben haben, aber nicht an eine bestimmte Hierarchiestufe gebunden. Dadurch kämen unterschiedliche Erfahrungshorizonte zusammen, was die Diskussion belebe.

«Wir könnten uns wöchentlich mit irgendwelchen Leuten treffen, die uns Schulungen verkaufen möchten», sagt Roger Baumer, «meistens möchten sie ein bestehendes Konzept oder bestimmte Führungsansätze über uns stülpen – das wäre vermutlich einfacher, weil man es delegieren kann, aber es würde nicht zu uns passen.»

Wer an welchen Weiterbildungsgefässen teilnehmen soll, wird meistens zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten abgesprochen. Eine Verpflichtung gibt es selten, der innere Antrieb für eine Weiterbildung ist bei den Mitarbeitern oft schon vorhanden.

«Die Entwicklungsmöglichkeiten sind für uns als Arbeitgeber-Brand wichtig.»

Impulse aus individuellen Weiterbildungen

Viele Mitarbeiter gerade im Bereich Gebäudetechnik möchten sich mit der Zeit auch individuell weiterbilden, beispielsweise an einer Höheren Fachschule, etwa einer Technikerschule. «Drängen müssen wir die Leute zu einer solchen Weiterbildung eigentlich nie», sagt Ueli Eugster. Ein Stupfen von oben geschieht allenfalls in Bereichen, wo es um die Sicherheit geht, im Bereich der Niederspannungsinstallationsverordnung etwa. Da kann es sein, dass eine bestimmte Funktionsgruppe einen Kurs besuchen muss, weil nur mit diesem Zertifikat gewisse Tätigkeiten ausgeführt werden dürfen.

Wenn Mitarbeiter von externen Weiterbildungen zurückkommen, bringen sie oft Impulse mit, die dem ganzen Unternehmen nützen. Hingegen gibt es keine Kausalität, dass eine abgeschlossene Weiterbildung ein höheres Salär mit sich bringt. «Wir schauen eher, ob jemand in der Praxis in seiner Rolle zusätzliche Verantwortung oder ein anderes Aufgabenprofil übernimmt; das wäre dann vielleicht auch eine Salär-Thematik», erläutert Ueli Eugster.

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Weiterbildung bei Hälg

In der Hälg Group gibt es etliche Weiterbildungsformate, die für bestimmte Zielgruppen regelmässig durchgeführt werden. Neue Mitarbeiter werden an einem Hälg Day einen halben Tag lang geschult; Servicetechniker erhalten eine zweitägige Weiterbildung «Auftritt bei Kunden», Bauleitende Installateure vertiefen sich während zweier Tage im Kurs «Installation@Hälg», Projektleiter erhalten eine viertägige Basisausbildung, erfahrene Projektleiter dann je einen Tag Verhandlungstraining sowie Vertrags- und Nachtragsmanagement.

Für Fach- und Führungskräfte wird in Zusammenarbeit mit der Universität St.Gallen das zehntägige Programm Progress durchgeführt. Für die reine Know-how-Vermittlung hat die Hälg Group E-Learning-Formate eingeführt; da werden Themen von Arbeitssicherheit über Einkaufsrichtlinien und Kartellgesetz bis zur IT-Sicherheit abgehandelt. Im Nachhaltigkeitsbericht weist die Hälg Group 10'000 Stunden Weiterbildung pro Jahr aus, was etwas mehr als neun Stunden pro Mitarbeiter entspräche. Mitinhaber Roger Baumer ist sicher, dass diese Zahl in der Realität deutlich höher ist, da etliche Formate mit Eventcharakter oder verschiedene Erfa-Gruppen zur Digitalisierung und zu BIM (Building Information Modelling) wie auch viele lokale Anlässe gar nicht erfasst werden. Zudem gibt es im Hälg-Intranet regelmässige Updates zu spezifischen Themen.

Text: Philipp Landmark

Bild: Marlies Beeler-Thurnheer

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