Wohnstandort St.Gallen über den Markt stärken

Das Bundesamt für Statistik hat die Wohnungen gezählt, die am 1. Juni 2019 leer standen. Damit hält der vor zehn Jahren eingesetzte Anstieg der Leerwohnungsziffer weiterhin an und hat ein 20-Jahres-Hoch übertroffen. In der Stadt St.Gallen sei der Leerwohnungsbestand mit 2.46% zudem höher als im kantonalen (2.18%) und schweizweiten Durchschnitt (1.66%), teilt der HEV Stadt St.Gallen mit.
Städtische Förderpolitik noch zeitgemäss?
In den achtziger Jahren war die Situation auf dem Wohnungsmarkt von St.Gallen im Gegensatz zu heute angespannt. Ein «Reglement zur Erhaltung preisgünstiger Wohnungen» und die Erteilung eines Rahmenkredits im Umfang von CHF 12 Mio. wurde im Jahr 1991 von den Stimmberechtigten genehmigt. Auf der Basis dieses Reglements konnte die Stadt St.Gallen bis heute Grundstücke im Baurecht für den sozialen Wohnungsbau an Wohnbaugenossenschaften und Stiftungen abgeben. Gemäss dem beim Erwerb bezahlten Bodenwert wird der Baurechtszins unverbilligt an die Baurechtsnehmer ausgegeben. Für die wohnhaften subventionsberechtigen Mieter wird der Baurechtszins jedoch aus dem 12-Millionen-Kredit mit bis zu einem Drittel der Zinslast verbilligt.
Förderung von Objekten führt zu Fehlanreizen
Selbst in Städten wie Zürich, wo der genossenschaftliche Wohnungsbau boomt, kommt eine Studie der Meta Sys AG und der Universität St.Gallen zum Schluss, dass die Förderung von Objekten, wie sie auch in St.Gallen zur Anwendung kommt, zu zahlreichen Fehlanreizen führt. Staatlich geförderte Mietwohnungen steigern die Nachfrage nach Wohnraum, was auf dem nicht geförderten Markt zu einem Mietpreisanstieg führt. Denn es zeigt sich, dass bei subventionierten Wohnungen grössere Flächen nachgefragt werden, als die unterstützten Mieter sich am Markt leisten würden. Langfristig, so folgert die Studie, führt dies zu höheren Mieten und zu einem höheren Flächenverbrauch. Folglich schaden Subventionen dem haushälterischen Umgang mit dem Boden.
Eine plumpe Weiterführung der heutigen indirekten Objektfinanzierung mit dem «Reglement zur Erhaltung preisgünstiger Wohnungen» wird St.Gallen nicht weiterbringen. Der Stadtrat könnte dafür bei seinen Überlegungen zur künftigen Wohnstandort- und Liegenschaftenstrategie neue Impulse setzen. Altbauliegenschaften, die sich oft im städtischen Finanzvermögen befinden, können durch eine Abgabe an Private und nicht subventionierte Wohnbauträger mit entsprechenden Rahmenvorgaben zu neuen und attraktiven Wohnformen geführt werden. So könnten Familien und urbane Kreative mit neuen Wohnkonzepten vermehrt für St.Gallen gewonnen werden.