Ostschweiz

Umfrage: Was bringt das neue Mediengesetz?

Umfrage: Was bringt das neue Mediengesetz?
Lesezeit: 5 Minuten

Am 13. Februar wird über das neue Mediengesetz abgestimmt. leaderdigital.ch hat bei Ostschweizer Befürwortern und Gegnern der Vorlage nachgefragt, weshalb sie das Gesetz unterstützen – oder ablehnen.

Wird das neue Mediengesetz angenommen, erhalten die Schweizer Medien jährlich 178 Millionen Franken Subventionen. Das Gesetz sieht auch eine direkte Unterstützung für Online-Medien vor. Damit würden erstmals Medien ausserhalb von Radio und Fernsehen direkt gefördert – allerdings nur, wenn sie ihre Inhalte zahlungspflichtig, also mit einem Abo, anbieten.

Ziel sei, die Medienvielfalt zu stärken und die Rahmenbedingungen für Medien zu verbessern, sagt der Bundesrat. Bürgerliche haben das Referendum ergriffen, unter anderem, weil die staatliche Unabhängigkeit gefährdet sei und die grossen Medienkonzerne gegenüber kleinen Verlagen stark bevorzugt würden.

«Das Medienpaket stärkt die Unabhängigkeit und die Vielfalt und damit unsere Demokratie.»
«Das Medienpaket stärkt die Unabhängigkeit und die Vielfalt und damit unsere Demokratie.»

Edith Graf-Litscher, Nationalrätin SP/TG

Warum befürworten Sie das Mediengesetz?
In kaum einem anderen Land ist die journalistische Berichterstattung für die einzelnen Gemeinden derart vielfältig. Doch diese Errungenschaft wird durch das Referendum gegen das Medienpaket gefährdet. Die Zahl der Medientitel hat massiv abgenommen – auch in der Ostschweiz. Weil wir in der Schweiz auch kantonal und kommunal abstimmen, braucht es aber diese Vielfalt. Ohne starke lokale und regionale Medien wird diese erheblich geschwächt und das gefährdet die demokratischen Prozesse in den Gemeinden und Kantonen. Das Medienpaket stärkt die Unabhängigkeit und die Vielfalt und damit unsere Demokratie.

Welche Auswirkungen hätte ein Nein für die Verlage und Medien?
Bei einem Nein erhalten die Schweizer Medien keine zusätzliche Unterstützung. Damit steigt das Risiko, dass viele Stellen abgebaut werden und weitere lokale Zeitungen bei uns in der Ostschweiz sterben. Die Lokalradios und Regionalfernsehen werden geschwächt. Dadurch wird die lokale Berichterstattung ausgedünnt, die Qualität sinkt und die Fake-News nehmen zu. Medien können nur unabhängig berichten, wenn sie finanziell unabhängig sind und nicht um ihre Existenz kämpfen müssen.

  
«Staatliche Medienförderung tangiert die Unabhängigkeit der Medien nicht.»
«Staatliche Medienförderung tangiert die Unabhängigkeit der Medien nicht.»

Dumeni Casaulta, Chefredaktor elektronische Medien St.Gallen, CH Media

Warum ist das Mediengesetz anzunehmen?
CH Media begrüsst das geplante Medienförderpaket. Für die elektronischen Medien ist insbesondere wertvoll, dass die Aus- und Weiterbildung der Journalistinnen und Journalisten gestärkt werden soll. Wichtig ist das Paket auch für die Zeitungsbranche. Sie steckt nach wie vor in einer langwierigen Transformation von Print zu Digital. Dieser Weg ist mit hoher Unsicherheit verbunden. Weltweit nimmt die Anzahl der Zeitungen und unabhängigen Zeitungshäuser rasant ab. Zusätzliche Bundeshilfe unterstützt grundsätzlich bei der digitalen Transformation unserer qualitativ hochwertigen journalistischen Angebote und trägt zum Erhalt einer vielfältigen Medienlandschaft und damit zu Meinungsvielfalt bei, zumal insbesondere kleine Medienhäuser überproportional profitieren. Staatliche Medienförderung tangiert die Unabhängigkeit der Medien nicht, das beweisen die regionalen TV-Stationen in der Schweiz seit Jahren.

Welche wirtschaftlichen und publizistischen Auswirkungen hätte ein Nein für «Tele Ostschweiz» und «FM1»?
Keine unmittelbaren. Auch die elektronischen Medien spüren aber je länger je mehr, dass Werbegelder zu internationalen Techkonzernen abwandern. FM1 ist ohnehin nicht konzessioniert und erhält keine Fördergelder. TVO würde voraussichtlich einen höheren Gebührenanteil bekommen, was direkt in den regionalen Journalismus fliessen würde. Das könnte zum Beispiel helfen, aufwendige regionale Reportage-Formate umzusetzen. Beim Medienpaket geht es darum, in eine bunte, vielfältige Medienlandschaft der Schweiz zu investieren, die hochrelevant ist für unsere Demokratie.

«Unmittelbare Auswirkungen hätte ein Nein nicht.»
«Unmittelbare Auswirkungen hätte ein Nein nicht.»

Stefan Schmid, Chefredaktor «St.Galler Tagblatt»

Warum ist das Mediengesetz anzunehmen?
Weil es insbesondere den regionalen Medientiteln mehr Zeit gibt, ein nachhaltiges digitales Geschäftsmodell zu entwickeln.

Welche wirtschaftlichen & publizistischen Auswirkungen hätte ein Nein für das «Tagblatt»?
Unmittelbare Auswirkungen hätte ein Nein nicht. Mittelfristig hingegen dürfte mit einem erhöhten Spardruck zu rechnen sein, der zu einem Abbau publizistischer Leistungen führen kann.

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«Eine direkte Medienförderung durch den Staat gefährdet die Unabhängigkeit der Medien.»
«Eine direkte Medienförderung durch den Staat gefährdet die Unabhängigkeit der Medien.»

Marcel Baumgartner, Verlagsleiter «Die Ostschweiz»

Warum ist das Mediengesetz abzulehnen?
Weil eine direkte Medienförderung durch den Staat die Unabhängigkeit der Medien gefährdet. Man hat schon während Corona gesehen, wie es sich auswirkt, wenn Verlage versuchen, es der Regierung und der Verwaltung recht zu machen. Ausserdem lähmen jahrelange Subventionen die Bemühungen, sich über den Markt zu finanzieren. Die Medien würden sich schnell daran gewöhnen, dass der Steuerzahler für ihren Betrieb aufkommt.

Welche Auswirkungen hätte ein Ja für «Die Ostschweiz» wirtschaftlich und publizistisch?
Wir wären mit unserem Modell berechtigt zum Bezug von Subventionen. Diese wollen wir zwar nicht, aber der Markt würde verzerrt, wenn der Kuchen allein unter unseren Mitbewerbern aufgeteilt würde. Damit wären wir wohl gezwungen, das Geld anzunehmen, aber auf unseren publizistischen Kurs hätte das keinen Einfluss. Bei anderen Verlagen bin ich diesbezüglich sehr misstrauisch.

«Das Subventionsmonster ist staats- und medienpolitisch höchst fragwürdig.»
«Das Subventionsmonster ist staats- und medienpolitisch höchst fragwürdig.»

Peter Weigelt, Alt-Nationalrat FDP/SG, Präsident des Abstimmungskomitees medien-massnahmenpaket-nein.ch

Warum bekämpfen Sie das Mediengesetz?
Das in den letzten zwei Jahren unter dem Titel «Massnahmenpaket zugunsten der Medien» zusammengeschusterte Subventionsmonster ist nicht nur finanzpolitisch, sondern vor allem staats- und medienpolitisch höchst fragwürdig. Denn die Medien-Subventionen in Milliardenhöhe füllen vor allem die Taschen der grossen Verlage und untergraben die wichtige Funktion der Medien als «4. Gewalt» im Staat. Die so gekauften Medien verlieren ihre Wächterfunktion gegenüber Politik und Verwaltung. Ihre Staatsabhängigkeit macht sie unglaubwürdig.

Welche negativen Auswirkungen hätte ein Ja?
Bei einem Ja würden vor allem die bestehenden Strukturen mit ihren Monopolmedien zementiert, was einen notwendigen Aufbruch massiv blockiert. Zudem muss in einer neuen Fassung auch an die junge Generation gedacht werden, die heute keine Zeitungs-Abonnente mehr hat und sich vor allem kostenlos im Internet bewegen. Wenn diese Zielgruppe wie in der aktuellen Vorlage ausgegrenzt wird, nützt dies weder den Medien noch unserer Demokratie.

  
«Einmal installierte Subventionen werden in der Regel nicht mehr so leicht abgeschafft.»
«Einmal installierte Subventionen werden in der Regel nicht mehr so leicht abgeschafft.»

Susanne Vincenz-Stauffacher, Nationalrätin FDP/SG

Weshalb lehnen Sie das Mediengesetz ab?
Weil es quantitativ übers Ziel hinausschiesst und zudem die bereits bestehende Medienförderung ohne Berücksichtigung der tatsächlichen Bedürfnisse der jeweiligen Anspruchsgruppen ausbaut (rund 70% gehen an die grossen, z.T. börsenkotierten Konzerne). Es schafft Abhängigkeiten, welche mit einer freien Presse und einem freien Markt nicht vereinbar sind. Zudem ist das Paket zumindest im Teil der direkten Förderung von online-Medien nicht mit der Bundesverfassung vereinbar.

Welche negativen Auswirkungen hätte ein Ja?
Da neu auch die grossen Titel subventioniert werden, würde deren Marktmacht zementiert und das Ziel, die kleineren Verlage zu stützen, wird nicht erreicht - im Gegenteil. Die angestrebte Medienvielfalt wird somit eben gerade nicht gefördert. Die Erfahrung lehrt uns zudem: Einmal installierte Subventionen werden in der Regel nicht mehr so leicht abgeschafft. Es ist damit zu erwarten, dass uns diese Massnahmen über die definierte Dauer von 7 Jahren begleiten bzw. finanziell belasten werden.

ps

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