«Manchmal habe ich auch übertrieben»

Er sei sich bewusst, dass er in den zwanzig Jahren bei Raiffeisen auch Fehler gemacht habe, sagte Pierin Vincenz zum Schluss des Prozesses. «Manchmal habe ich auch übertrieben.» Aber er könne versichern, dass er nie etwas mit der Absicht gemacht habe, um Raiffeisen und Aduno zu schädigen. Er fordere deshalb einen Freispruch.
Die Zürcher Staatsanwaltschaft wirft Vincenz und seinem Geschäftskollegen Beat Stocker unter anderem Betrug vor. Dem Ex-Raiffeisen-CEO wird zudem angelastet, private Auslagen auf Geschäftsspesen genommen zu haben. In der Anklageschrift sind unter anderem Besuche in Cabarets und Stripclubs für insgesamt 200'000 Franken und private Reisen für 250'000 Franken aufgeführt.
Das Urteil gegen den ehemaligen Raiffeisen-Chef und die sechs Mitbeschuldigten wird am 13. April im Theatersaal im Zürcher Volkshaus eröffnet.
Wer sind die Beschuldigten?
Pierin Vincenz, Teufen, von 1999 bis 2015 CEO der Raiffeisen-Gruppe. Er hat die Genossenschaftsbank zur drittgrössten Bank der Schweiz und zur Nummer eins im Hypothekargeschäft gemacht. Von 1999 bis 2017 war Vincenz zudem Präsident der Kreditkartenfirma Aduno (heute: Viseca).
Der Berner Unternehmer Beat Stocker war von 1999 bis 2015 Aduno-Verwaltungsrat, von 2006 bis 2011 auch CEO. 2011 bis 2015 war Stocker zudem als Berater für Raiffeisen tätig.
Stéphane Barbier-Mueller, Mitglied einer reichen Genfer Familie, welche die Immobiliengruppe Pilet & Renaud besitzt und 2002 die Genève Credit & Leasing gründete. Dieses vergab Konsumkredite und wurde von Barbier-Mueller präsidiert.
Immobilier Ferdinand Locher aus La-Tour-de-Peilz wurde als Stadioninvestor beim FC Thun bekannt, mit dessen Vereinsführung er sich öffentlich verkrachte. Locher war zudem Hauptaktionär beim Unternehmen Eurokaution, das Mieterkautions-Versicherungen vermittelte.
Peter Wüst aus Engelburg, ehemaliger CEO der Kiosk-Inhaberin Valora, und Andreas Etter, Rapperswil, einstiger McKinsey- und UBS-Manager. Zusammen gründeten sie 2009 die Investnet AG in Herisau. Diese sollte KMU-Firmen auf der Suche nach Risikokapital mit Investoren zusammenbringen.
Christoph Richterich, Zürcher Kommunikationsberater. Er arbeitete jahrelang für Vincenz und die Raiffeisen-Gruppe.