Wissen, wo Stellensuchende klicken

Wissen, wo Stellensuchende klicken
Cornel Müller
Lesezeit: 4 Minuten

Wenn alle Fachkräfte suchen, darf man bei der Stellenausschreibung keine Fehler machen. An einer Leader-Veranstaltung zeigte Arbeitsmarktexperte Cornel Müller mit pragmatischen Tipps, wie eine Ausschreibung Erfolg versprechend wird.

Text: Philipp Landmark

Stellenbesetzungen in der guten alten Zeit liefen meist nach einem eingespielten Schema ab: Die Geschäftsleitung debattiert, ob die Stelle überhaupt besetzt werden muss; wenn sie bewilligt wird, bekommt die Personalabteilung den Auftrag, ein Inserat zu formulieren, das dann in zwei, drei Zeitungen geschaltet wird. Drei Wochen später liegen mehrere Dutzend Bewerbungen auf dem Tisch – und die ersten Kandidaten werden zu einem Gespräch eingeladen. 

Heute gewinnt man so keinen Blumentopf mehr. An einer Leader-Veranstaltung Ende September in Widnau zeigte Arbeitsmarktexperte Cornel Müller auf, wie in der digitalisierten Welt Fachkräfte gewonnen werden. Der Mitgründer der Plattform Jobchannel legte dar, dass auch in der Personalsuche das richtige Zielgruppenmarketing der Schlüssel zum Erfolg sei. «Jahrzehntelang waren die Stellensuchenden Bittsteller. Jetzt sind es die Arbeitgeber.»

Stellenanzeigen optimieren

Jobchannel platziert Stellenanzeigen automatisiert auf über 150 Job-Plattformen; jährlich generiert die Firma 20 Millionen Klicks auf Stellenanzeigen, wie Müller sagte. Im dritten Quartal 2023 liefen in der Schweiz 260´000 Anzeigen über Jobchannel, vor der Pandemie waren es im Vergleichszeitraum 2019 noch knapp 190´000.

In einer Zeit des Fachkräftemangels gilt es, Stellenanzeigen optimal zu gestalten, um die bestmögliche Aufmerksamkeit zu generieren. «600´000 Menschen suchen auf Jobplattformen. Wir wissen, wo sie klicken und wo nicht», sagte Cornel Müller.

Als Herzstück einer Recruiting-Strategie gilt die Karriere-Website eines Unternehmens, die über eine eigene URL oder Subdomain verfügen sollte und über einen gut ersichtlichen Verweis auf der Hauptwebsite erreicht werden kann. Diese Karriere-Website muss Suchmaschinen-optimiert sein, denn spezifische Anbieter wie Jobchannel grasen die Firmenwebsites systematisch ab – zum Teil stündlich. Die Websites wie auch die eigentliche Anzeige müssen mobile-optimiert sein; wichtige Informationen dürfen also nicht in einem angehängten PDF versenkt werden. Gerade «Blue Collar»-Arbeitskräfte suchen per Handy, deshalb sind PDF-Dokumente zu vermeiden.

  

«Jahrzehntelang waren die Stellensuchenden Bittsteller. Jetzt sind es die Arbeitgeber.»

Die Job-Suche beginnt auf Google

Jobchannel publiziert dann die Stellen wiederum auf spezialisierten Seiten wie kv-stelle.ch oder handwerker-job.ch, wo die Stellen gut gefunden werden: «70 Prozent beginnen eine Suche auf Google, sie geben den Job und einen Ort ein», erklärte Müller. Die Suche lautet dann beispielsweise «Elektromonteur Widnau». Wenn die Suchresultate angezeigt werden, muss ein Unternehmen mit seiner Vakanz gut dastehen: «Der Prozess geht schnell. Wenn etwas den Suchenden anspricht, dann klickt er. Diesen Moment darf man nicht verpassen.»

Dafür müsse zuallererst einmal der Jobtitel aussagekräftig sein. Vage Formulierungen wie «Bau- oder Landmaschinenmechaniker» sollte man nicht verwenden; je eindeutiger eine Stelle umschrieben wird, umso besser. Allenfalls kann man in zwei separaten Stellenausschreibungen einmal die Baumaschinenmechaniker ansprechen und einmal die Landmaschinenmechaniker.

Eine Stellenausschreibung darf auch nicht abschrecken, wie Cornel Müller anhand eines positiven Beispiels der Emil Egger AG darlegte. Das Unternehmen betreibt über 400 Lastwagen und ist stark gewachsen, weshalb es nicht nur Chauffeure sucht, sondern explizit auch «Quereinsteiger für Kat. C». Dadurch melden sich auch Menschen, die bisher nicht Lastwagen fahren können, aber die Chance für eine Schulung nutzen wollen. Auf eine Anzeige für «Chauffeur Kat. C» hätten sie nie geklickt.

Erkenntnisse aus Millionen von Klicks

Weiter muss ein guter Stellentitel eine passende Länge haben. 21 bis 30 Zeichen sind optimal; wenn ein Jobtitel zu lang ist, werden signifikant weniger Klicks generiert. Eine Erkenntnis, die auf der Auswertung von 700´000 Stellenanzeigen mit 65,5 Millionen Impressions und 3,5 Millionen Klicks basiert.

Originalität ist bei aussagekräftigen Jobtiteln nicht gefragt, wer einen «IT-Hausarzt/-Hausärztin» ausschreibt, hat bereits verloren. Wer nach «IT Service Manager» sucht, wird gefunden – und hat auch das lästige Problem mit der gendergerechten Schreibweise umschifft. «Wir wollen nicht ideal gendern, sondern dass sich Leute bewerben», meint Cornel Müller, und empfiehlt als eleganten Trick eine englische Schreibweise, wenn diese passend ist. Statt «Java-Entwickler/in» kann man «Java-Engineer» titeln. «Das ist neutral, wertet den Jobtitel auf und ist kürzer.» Die englische Form performt auch besser als die Variante «Java-Entwickler (m/w/d)».

Weitere Erkenntnis aus den Auswertungen: Wenn als Pensum im Titel «80-100 %» angegeben werden, ist die Klickrate höher als ohne Angabe – dann gehen die potenziellen Bewerber von fix 100 Prozent aus.

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«Wir wollen nicht ideal gendern, sondern dass sich Leute bewerben.»

Präzise Angaben, kein Blabla

Die eigentliche Job-Beschreibung muss sitzen, sehr präzise sein und die gebotene Kürze haben. Job-Beschreibungen mit bis zu 1000 Zeichen performen klar am besten, je länger die Angaben werden, desto weniger werden sie geklickt. Auf Banalitäten kann verzichtet werden, dass ein CEO «Menschen führt», muss nicht erwähnt werden. Ein wichtiges Kriterium in der Beschreibung ist der Arbeitsort. Alle Informationen sollten gehaltvoll und glaubwürdig sein – und Marketing-Blabla vermeiden, wie Müller mit einem Schmunzeln mahnte: «Überdurchschnittlich viele Unternehmen bieten ‹überdurchschnittlichen Lohn›.»

Zu einem klugen Zielgruppenmarketing gehört auch, keine Standard-Texte für völlig unterschiedliche Berufsleute zu verwenden, «IT-Fachleute, Pflegefachkräfte oder Mitarbeiter im Facility-Bereich haben ganz andere Vorstellungen von einem idealen Arbeitgeber», erklärte Müller. Eine gut aufgebaute Stellenausschreibung sollte eine One-Klick-Bewerbung ermöglichen, «gerade für Jobs, die schwierig zu besetzen sind, sollte die Hürde so tief wie möglich sein».

Text: Philipp Landmark

Bild: Marlies Beeler-Thurnheer

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