St.Gallen

Von der Fremd- zur Selbststeuerung

Von der Fremd- zur Selbststeuerung
Tanja Zimmermann-Burgerstein
Lesezeit: 3 Minuten

Eigentlich wollte sie nicht in das Familienunternehmen einsteigen, 1996 tat sie es dennoch. Heute gehört Tanja Zimmermann-Burgerstein von der Antistress AG aus Rapperswil-Jona zu den wichtigsten Führungspersönlichkeiten der Schweiz und ist gern gesehene Referentin an Fachanlässen – etwa am KMU-Tag.

Tanja Zimmermann, das Thema des diesjährigen KMU-Tags lautete: «KMU und Momentum – was Unternehmertum ausmacht». Was macht Unternehmertum ihrer Ansicht nach aus?
Das Investment in eine Firma – und zwar nicht nur finanziell, sondern vor allem auch persönlich. Sei das im Bereich der Firmenkultur, der Strategie oder in finanziellen Fragen. Solche Überlegungen sind persönliche Entscheide, die von den Inhabern gefällt werden müssen. Man ist als Unternehmerin viel mehr selbst- als fremdgesteuert.

Welche persönlichen Erfahrungen haben Sie auf Ihrer Unternehmerinnen-Reise gemacht, die besonders prägend waren?
Das Commitment meinem Vater gegenüber, dass ich, nachdem ich bereits mehrere Jahre in der Firma tätig war, die Leitung und Verantwortung übernehmen möchte. Das war nicht von Anfang an klar und benötigte auch eine Auseinandersetzung mit dem Thema. Auch die Pandemie war sehr prägend, denn die Herausforderungen waren gross, obwohl wir von den Umständen und dem starken Gesundheitsbewusstsein der Menschen profitieren konnten. Mir wurde in dieser Zeit zum ersten Mal bewusst, wie viel Verantwortung ich trage. Sowohl meinen Mitarbeitern gegenüber als auch den Kunden, die auf unsere Produkte zählten.

Inwiefern unterscheidet sich Ihrer Meinung nach die weibliche Herangehensweise an Unternehmertum von der männlichen?
Es gibt sicherlich Unterschiede, wie Frauen und Männer mit Herausforderungen umgehen. Ich glaube aber nicht, dass sich das Thema auf das Unternehmertum herunterbrechen lässt. Wichtig ist ein guter Mix, wir müssen gegenseitig voneinander profitieren. Frauen, die stark in Familie und Beruf eingebunden sind, können in verschiedenen Bereichen aber sicherlich eine andere Sicht der Dinge einbringen. Man lernt viel Zwischenmenschliches als Mutter oder als Frau mit engen Beziehungen zu Kindern. Und Multitasking hilft bekanntlich immer in der Arbeit. Man sagt ja, dass dies Frauen besser können (lacht).

 

  

«Es gibt Unterschiede, wie Frauen und Männer mit Herausforderungen umgehen.»

Welche Ratschläge würden Sie jungen Frauen geben, die interessiert sind, Unternehmerinnen zu werden?
Grundsätzlich muss man an vielem interessiert sein, denn das Unternehmertum ist natürlich nicht ein Fachgebiet. Gerade junge Frauen, die sich aufgrund ihrer Fachkompetenz in Männerdomänen bewegen, müssen früh lernen, authentisch zu bleiben. So haben sie die Chance, nicht nur einen fachlichen, sondern vor allem auch einen menschlichen Mehrwert in ein Unternehmen einzubringen. Jungunternehmer müssen alle mutig sein, ob Mann oder Frau spielt keine Rolle.

Inwiefern hat die Förderung von Diversität und Gleichberechtigung in Unternehmen und im Unternehmertum Einfluss auf Ihren beruflichen Werdegang und Ihre Geschäftsphilosophie genommen?
Dieses Thema war und ist schon immer stark verankert in meinem Unternehmen. Die Affinität zur Gesundheit ist per se etwas ausgeprägter bei Frauen. Deshalb gibt es viele weibliche Fachkräfte. Jedoch beschäftigen wir immer noch mehr Frauen in einem Teilzeitpensum als Männer. Jobsharing geht in gewissen Funktionen einwandfrei; für das Unternehmen ist es aber wichtig, das richtige Mass an Voll- und Teilzeitmitarbeitern zu haben. Unabhängig davon, ob es Männer oder Frauen sind.

Und wie sieht das beim Gehalt aus?
Lohntechnisch machen wir keine Unterschiede. Erfahrungsjahre im Berufsleben spielen aber natürlich eine Rolle – egal, ob im Teil- oder Vollzeitpensum.

Wie sehen Sie die Zukunft des Unternehmertums aus weiblicher Perspektive?
Ich hoffe, dass es in Zukunft für Frauen einfacher wird, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Das «entweder oder» ist zum guten Glück nicht mehr so verbreitet. Dafür braucht es aber weitere Infrastruktur und kreative Ansätze für die Fremdbetreuung der Kinder. Was genauso wichtig ist, ist die Flexibilität der Arbeitgeber, auch Führungsverantwortung mit reduzierten Arbeitspensen anzubieten. Voraussetzung ist aber immer auch die Bereitschaft, viel Engagement zu geben.

Text: Patrick Stämpfli

Bild: Bild: Marlies Beeler-Thurnheer

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