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Unabhängiger von Stromimporten

Unabhängiger von Stromimporten
Roger Blank, Leiter Unterhalt und Maschinenbau Unisto, Jonathan Homburger, Vorsitzender der Geschäftsleitung Unisto, Andreas Koch, Geschäftsführer KEEST, Maria Moreno, Energie Consultant KEEST, und Tobias Schlatter, Energie Consultant KEEST (v.l.n.r.)
Lesezeit: 4 Minuten

Energie-Mangellagen sind noch lange möglich. Deshalb unterstützt das Kompetenz-Zentrum Erneuerbare Energie-Systeme Thurgau (KEEST) Unternehmen bei der Steigerung der Energie-Effizienz und beim Umstieg auf erneuerbare Energieträger. So etwa Unisto aus Horn.

Jonathan Homburger, wer ist Unisto und wie kam es zur Zusammenarbeit mit dem KEEST?
Wir sind ein Kunststoffspritzbetrieb und entwerfen, produzieren und vertreiben weltweit attraktive Präsentationsartikel für bekannte Markenprodukte und stellen hochwertige Sicherheitsplomben her. Wir sind ein langfristig orientiertes, international operierendes Familienunternehmen mit Sitz in Horn am Bodensee und beschäftigen global rund 600 Mitarbeitende. Die Anfänge von Unisto gehen zurück bis ins Jahr 1926. Unisto legt grossen Wert darauf, unter verschiedenen Entwicklungs- und Produktionsstandorten auswählen zu können, um nahe beim Kunden zu sein, und verfügt deshalb weltweit über eigene Produktionswerke, die nach Schweizer Qualitätsstandards produzieren.

Angesichts von nach wie vor nicht absehbaren Risiken in der Energie-Versorgungssicherheit in Europa und daher auch in der Schweiz – nicht zuletzt auch in preislicher Hinsicht –, sind Energie-Effizienz und die Reduktion von Energiekosten im letzten Jahr stark in den Fokus gerückt.

Dies gab Anlass, uns erneut mit dem KEEST in Verbindung zu setzen, denn seinerzeit haben wir mit dem KEEST bereits erfolgreich unserer Verpflichtungen im Vollzug des Energie-Gross-Verbraucher-Artikels (GVA) umgesetzt. Somit ging es 2022 um eine technische Prozess-Analyse und eine Machbarkeitsstudie zur Realisierung einer Photovoltaik-Eigenverbrauchsanlage, mit denen wir das KEEST beauftragt haben.

Andreas Koch, was ist eine technische Prozess-Analyse?
Es geht bei dieser spezifischen Form der Energie-Effizienz-Analyse darum, die relevanten Energieflüsse des Unternehmens zu erfassen, um daraus Effizienzpotenziale abzuleiten. Dazu gehören insbesondere die Betriebs- und Produktionsprozesse. Dies verlangt fundiertes technisches Know-how, nebst detailliertem Verständnis der energietechnischen Infrastruktur. Eine technische Prozess-Analyse zeigt wirtschaftliche Potenziale zur Reduktion des Energieverbrauchs auf, beschreibt Massnahmen zur Energie-Prozess-Optimierung und vermittelt Lösungsansätze für ein verbessertes Energie-Versorgungs-Konzept.

Darauf aufbauend werden Varianten, Sensitivitäten und Machbarkeiten auf Realisierbarkeit und Wirtschaftlichkeit untersucht. Die Zusammenführung von eruierten Fakten schafft Transparenz und damit entscheidungsorientierte Informationen im Vorprojektcharakter, die es ermöglichen, konkrete Schritte zur Verbesserung der Energieflüsse und damit zur Energie- und Kosteneinsparung einzuleiten.

Maria Moreno, was haben Sie bei Unisto mit der technischen Prozess-Analyse herausgefunden?
Unisto verfügt über Dachflächen, die sich ausgezeichnet für die Installation von Photovoltaik Eigenverbrauchsanlagen eignen. Dies ist speziell bei Produktionsunternehmen mit hoher Stromlast und einer hauptsächlichen Tagesproduktion interessant, können doch damit Netzbezug und entsprechend hohe, tendenziell weiter steigende Stromkosten reduziert werden. Gleichzeitig zeigt sich, dass bei Unisto der Bedarf an elektrischer Energie wachstumsbedingt weiterhin zunimmt.

Dazu kommt, dass sich Unisto auch bezüglich veränderter Mobilität Gedanken macht, dies im Hinblick auf mehr Elektrofahrzeuge und steigenden Bedarf an Ladeinfrastruktur.

Die Berechnungen der wirtschaftlichen Massnahmen ergab ein Energie-Effizienzpotenzial von rund 200 MWh pro Jahr, was etwa zehn Prozent des aktuellen Stromverbrauchs entspricht und im Bereich von 30'000 bis 40'000 Franken pro Jahr liegt. Dies trotz der grossen Anstrengungen, die Unisto bereits in den vergangenen Jahren unternommen hat. Die grösste Einsparung kann bei der Kälteanlage durch die Optimierung der Kondensationstemperaturen und die Einbindung der Wärmerückgewinnung bei Kälte- und Druckluftanlagen erzielt werden. Das lohnt sich.

Roger Blank, was macht Unisto in Sachen Energie- und Klimaverantwortung?
Unisto übernimmt seit vielen Jahren mit einem aktiven Umweltmanagement im Sinne der «Green Footprint»-Strategie Verantwortung für die Umweltauswirkungen der betrieblichen Tätigkeit. Dazu gehört auch ein immer sparsamerer Umgang mit Energie, wie ihn die technische Prozess-Analyse des KEEST zum Ziel hat.

Erst kürzlich sind wir mit einem weiteren wichtigen Zertifikat ausgezeichnet worden: Swiss Climate hat uns für unser CO₂-Managementsystem das Gütezeichen «Certified CO₂ Optimised» ausgestellt. Im «CDP Score Report» (Carbon Disclosure Project) haben wir bereits nach der ersten Evaluation einen «Score B» erhalten. Damit markieren wir einen weiteren wichtigen Meilenstein unserer «Green Footprint»-Strategie.

Tobias Schlatter, Sie haben die Potenziale des Photovoltaik Eigenverbrauchs (PVE) eruiert. Was ist dabei herausgekommen?
Die PVE-Anlage ist auf einen möglichst hohen Anteil an Strom-Eigenverbrauch im Betrieb ausgerichtet, denn Strom einzuspeisen, ist auf lange Sicht weniger wirtschaftlich. Im Fokus steht dabei der Lastgang der Betriebsprozesse. Mit einem Eigenverbrauchsanteil von rund 70 Prozent und einer voraussichtlichen Eigen-Stromproduktion von jährlich 400 bis 500 MWh liegt unsere Auslegung und Konzeption der PVE-Anlage in einem sehr guten Bereich, zumal die Anlage in unter zehn Jahren amortisiert werden kann, was die Angebote der infrage kommenden Solateure bestätigen. Damit ergibt sich ein Einsparpotenzial von gegen 90'000 Franken jährlich. Das kann sich sehen lassen!

Jonathan Homburger, wurden Ihre Erwartungen mit der Arbeit des KEEST erfüllt?
Eigentlich hätten wir nicht erwartet, dass bei Unisto noch so viel Optimierungspotenzial vorhanden ist, zumal wir in den vergangenen Jahren nicht untätig gewesen sind. Umso mehr sind wir nun motiviert, raschestmöglich die Dinge anzupacken. Mittlerweile haben wir mit der Swiss Photovoltaik GmbH aus Kriessern bereits 443 kWp Leistung auf unseren Dächern installiert und freuen uns nun besonders, wenn die Sonne scheint. Auch die Energie-Effizienzpotenziale im Betrieb werden Schritt für Schritt in Angriff genommen. Wir sind froh, dass wir mit KEEST einen Partner an der Hand haben, der uns auch zukünftig auf der Suche nach der Steigerung unserer Energie-Effizienz unterstützt.

Andreas Koch, wie ist die Zusammenarbeit aus Ihrer Sicht gelaufen?
Wir durften Unisto ja schon früher bei der Suche nach Energieoptimierung unterstützen. Umso mehr freue ich mich heute, wenn unsere Arbeiten bei den Kunden – so wie bei Unisto – Früchte tragen und damit die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens verbessert werden kann. Es zeigt sich, dass Anstrengungen zur Steigerung der Energie-Effizienz wirtschaftlich sind und oft auch Innovationsschübe mit sich bringen. Ein Aspekt, der in der heutigen schwierigen Zeit im kompetitiven Wettbewerbsumfeld nicht ausser Acht gelassen werden kann. Herzlichen Dank an Unisto für das Vertrauen!

Die Photovoltaik-Eigenverbrauchsanlage der Unisto an der Seestrasse in Horn, 2022 installiert durch die Swiss Photovoltaik GmbH aus Kriessern
Die Photovoltaik-Eigenverbrauchsanlage der Unisto an der Seestrasse in Horn, 2022 installiert durch die Swiss Photovoltaik GmbH aus Kriessern

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