Eine Brücke zwischen der Schweiz und Asien

Eine Brücke zwischen der Schweiz und Asien
Innovation-Center in Rapperswil-Jona
Lesezeit: 5 Minuten

In Rapperswil-Jona investiert eine chinesische Holding in ein Innovation-Center. Damit sollen hauptsächlich Start-ups mit Bezug zum asiatischen Markt angesprochen werden. Das passt nicht jedem.

Gut 20 Millionen Franken will die SinoSwiss Holding AG in Rapperswil-Jona investieren. Die Baukosten inklusive der Kosten für den Landkauf machen 15 Millionen aus. Die restlichen fünf Millionen sind für die ersten fünf Jahre des Betriebs budgetiert, wie Dominik Widmer, Geschäftsführer der SinoSwiss Holding, sagt. «Der Investor ist sich bewusst, dass unser Geschäftsmodell nicht von Tag eins an selbsttragend und gewinnbringend sein wird.»

Das Innovation-Center möchte nämlich lokale Start-ups fördern und bietet diesen zeitlich befristet, in der Regel ein bis drei Jahre, kostenlose Räumlichkeiten an. Dazu werden auch kostenlose Grundlagen-Module und asienspezifische Module für Start-ups angeboten. «Wir sind überzeugt, dass durch diese zusätzliche Anfangsinvestition das Innovation-Center attraktiver wird und sie durch eine zukünftig höhere Mieterauslastung kompensiert werden kann», sagt Widmer.

«Teil dieses Angebots ist das Matchmaking mit Investoren aus Asien und Europa.»

Mieteinnahmen und Dienstleistungen

Mittelfristig soll das Innovation-Center selbsttragend werden. Arbeitsplätze im Start-up-Space, reguläre Büroflächen sowie Veranstaltungs- und Seminarräume sollen Mieteinnahmen bringen. Über die kostenlosen Grundlagen-Module hinaus sollen – auch für externe Kunden – zusätzlich Dienstleistungen und Beratung in den Bereichen Geschäftsführung, Corporate Governance, Internationalisierung, Nachhaltigkeit, Projektmanagement, Marketing und Exit-Strategien gewinnbringend angeboten werden. «Als Immobilieninvestment stellt das Innovation-Center für den Investor auch eine internationale Diversifizierung eines Teils seines Vermögens in einem Land mit hoher Rechtssicherheit dar», erklärt Dominik Widmer.  Das sei neben der Renditeerwirtschaftung ein weiterer Vorteil für den Investor. Die SinoSwiss Holding AG ist eine Tochterfirma der Fenshare Holding. Diese Familienholding ist in China primär im Bereich des Klimageräte-Vertriebs und der Produktion von Einzelteilen für Klimaanlagen tätig. «Ein direktes Interesse an Schweizer Technologie besteht nicht», betont Dominik Widmer. «Es ist nicht das Ziel, im Innovation-Center Start-ups anzusiedeln, die Technologien entwickeln, die potenziell im Kerngeschäft der Fenshare Holding eingesetzt werden könnten.»

  
Dominik Widmer
Dominik Widmer

Als Start-up begonnen

Investor Zhou Zhen Hua hat selbst als Start-up-Gründer begonnen und Fenshare als Ein-Mann-Betrieb aufgebaut. Dadurch habe er eine besondere Affinität zu Gründern und zur Start-up-Szene. «Zhou Zhen Hua möchte etwas von seinem ’Gründerglück’ zurückgeben und Start-ups zum Erfolg verhelfen», sagt Dominik Widmer. «Zudem ist nicht von der Hand zu weisen, dass ein solches Innovation-Center in Europa das Renommee eines asiatischen Investors erhöht.» Partner und Kunden könnten so für Besuche und Meetings in Europa in den eigenen Räumlichkeiten empfangen werden.

Seit der Gründung 2013 verfolgt die SinoSwiss Holding eine langfristige Strategie. Ziel ist es, eine Brücke zwischen Asien und der Schweiz aufzubauen. Als ersten Schritt hat das Unternehmen mit dem SinoSwiss Technopark in Chongqing einen Brückenpfeiler in China errichtet, bis heute einer der wenigen privaten Technoparks im Land. Hier wurden mehrere hundert Millionen US-Dollar investiert. Das Innovation-Center Rapperswil-Jona ist nun der zweite Schritt und bildet den europäischen Brückenpfeiler. Die Investitionen in Rapperswil-Jona sind deutlich kleiner als die Investitionen in Asien, sie seien jedoch essenziell für die erfolgreiche Umsetzung der Gesamtstrategie der SinoSwiss, unterstreicht Widmer.

Start-ups mit Asien-Bezug

Als Zielgruppe im Start-up-Space möchte das Innovation-Center idealerweise Start-ups mit Bezug zu Asien ansprechen. «Also Start-ups, die Asien als Markt erschliessen wollen, Start-ups, die asiatische Lieferanten haben oder benötigen, oder auch Start-ups, die ihre Produkte im hochkompetitiven asiatischen Markt testen wollen», sagt Dominik Widmer. Die Arbeitsplätze im Start-up-Space oder die Grundlagenmodule stünden aber grundsätzlich allen Start-ups offen, auch wenn sie keinen Bezug zu Asien haben.

Das Innovation-Center sei vorerst offen für Start-ups und innovative Unternehmen aus allen Branchen. «Sobald aufgrund hoher Nachfrage eine strengere Selektion notwendig wird, möchten wir den Fokus auf die Branchen ICT, Robotics, Cleantech, Medtech, Fintech und Engineering legen.»

Den Start-ups will das Innovation-Center auch den Zugang zu Business Angels und zu Seed- und VC-Finanzierung ermöglichen. «Diese Angebote werden mit den bereits tätigen Start-up-Förderern koordiniert, um die Lücken im heutigen Angebot möglichst gut füllen zu können.» Teil dieses Angebots ist das Matchmaking mit Investoren aus Asien und Europa. Auch Kontakte mit weiteren Partnern aus Asien will die SinoSwiss Holding vermitteln, etwa mit Lieferanten oder Distributoren.

Das Innovation-Center in Rapperswil-Jona soll der schweizerische und auch der europäische Brückenpfeiler in der Gesamtstrategie der SinoSwiss werden. «Unser Ziel ist es, eine wirtschaftliche Brücke zwischen der Schweiz und Asien aufzubauen», hält Dominik Widmer fest.

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«Wir sehen in der Praxis, dass gerade Start-ups ohne Mitarbeiter im asiatischen Raum einen Partner brauchen.»

Lernen, sein Know-how zu schützen

Rapperswil-Jona wurde nicht zufällig gewählt, «wir haben den Standort des Innovation-Centers sorgfältig abgeklärt. Im Gegensatz zum unmittelbaren Einzugsgebiet der beiden ETH haben wir im Einzugsgebiet der Fachhochschule OST eine Lücke bei Angeboten, wie sie das Innovation-Center bieten wird, ausgemacht», sagt Dominik Widmer. Für den Standort sprach auch, dass Rapperswil in den Tech-Cluster um den Metropolitanraum Zürich eingebunden ist. «Wir wollen alle Start-ups und Spin-offs aus diesem Metropolitanraum und dem Raum oberer Zürichsee ansprechen.»

Weil ein chinesischer Investor die Nähe zum früheren Technikum Rapperswil, dem heutigen Campus Rapperswil-Jona der Fachhochschule OST, sucht, wurden verschiedentlich Befürchtungen über den Abfluss von Know-how nach China laut. «Diese Gefahr ist uns bewusst. Aber genau hier wollen wir helfen», entgegnet Widmer. «Die SinoSwiss Holding wurde mit der Intention gegründet, professionelle Unterstützung in der Schweiz und in China für Schweizer Firmen und Start-ups anbieten zu können, damit diese bei ihren geschäftlichen Tätigkeiten in Asien oder mit chinesischen Firmen nicht Gefahr laufen, dass Know-how abgeschöpft wird oder sie anderweitig benachteiligt werden.» Die SinoSwiss habe spezifische Expertise, Erfahrung und Netzwerke, die es Schweizer Firmen und Start-ups ermöglichen, erfolgreich geschäftlich mit asiatischen Kunden, Lieferanten und Investoren in Verbindung zu treten.

Auch GLP-Kantonsrat Andreas Bisig aus Rapperswil-Jona hatte in einer einfachen Anfrage solche Befürchtungen formuliert und die St.Galler Regierung gefragt, wie sie die Gefahr beurteile, dass Technologien etwa von Spin-offs der Fachhochschule Ost nach China transferiert werden. Die Regierung antwortete, dass China der drittgrösste Handelspartner der Schweiz sei. Um dieses Potenzial zu nutzen und auszubauen, bedürfe es spezifischer Plattformen, auf denen sich Schweizer Unternehmen die nötigen Kompetenzen im Umgang mit dem chinesischen System aneignen und Kontakte zur Erschliessung von Märkten knüpfen könnten. Dominik Widmer sagt: «Wir sehen in der Praxis, dass gerade Start-ups ohne Angestellte im asiatischen Raum einen Partner brauchen, der in der Schweiz und vor Ort in Asien Mitarbeiter hat und vermitteln kann.»

Text: Philipp Landmark

Bild: zVg

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