Fokus Nachfolgeregelung

«Kümmerer» seit zwei Jahrzehnten

«Kümmerer» seit zwei Jahrzehnten
Rolf Brunner und Hanspeter Thür
Lesezeit: 5 Minuten

Die St.Galler Nachfolgespezialistin Continuum AG feiert heuer ihr 20-Jahre-Jubiläum. Ursprünglich in Zürich gegründet, erfolgte mit dem Eintritt von Rolf Brunner als geschäftsführendem Partner und Präsident des Verwaltungsrates die Expansion nach St. Gallen. Inzwischen ist die Gallusstadt Hauptstandort, und es gehören neun Partner und Mitarbeiter zum Unternehmen. Zum Jubiläum gibt Rolf Brunner das Verwaltungsratspräsidium an Hanspeter Thür ab, der von 2015 bis 2021 Regionaldirektor der UBS Ostschweiz war.

Rolf Brunner, Sie übergeben das VRP just zum 20-Jahre-Jubiläum an Hanspeter Thür. Zufall oder Absicht?
Sowohl als auch. Vorab aber Absicht, da das Thema «Nachfolge» seit längerer Zeit auch bei uns intern im Fokus gestanden hat. Wohl kein Zufall, da die Continuum (Name ist ja Programm) die Kontinuität bei sich selber einfordert – und nicht nur bei Ihren Kunden Ursache und Wirkung beim Thema «Nachfolge» bearbeitet. 

Mit der Übergabe leiten Sie das ein, was sich die Continuum AG seit zwei Jahrzehnten auf die Fahne geschrieben hat: eine systematische Nachfolgeregelung. Halten Sie sich dabei an alles, was Sie jeweils Ihren Kunden empfehlen?
Es ist unser Ziel, die Nachfolgeprozesse oder besser: das Generationenmanagement bei den wertschöpfenden KMU eben nicht dem Zufall zu überlassen – seit 20 Jahren. Da gehen wir natürlich mit gutem Beispiel voran (lacht).

Seit 2003 ist die Continuum für Familienunternehmen und Unternehmerfamilien im Markt aktiv. Was hat das Geschäft in der Zeit geprägt?
Es hat sich gezeigt, dass immer mehr eine Tätigkeit aus gesamtheitlicher Betrachtung gewünscht war. Wir waren gefordert, z. B. nicht nur Belange im Konfliktmanagement anzugehen, sondern auch Fragen rund um die Finanz- und Unternehmensstrukturierungen, sei dies unter steuerlicher oder betriebs- wirtschaftlicher Betrachtung. Wir entwickelten uns zum gesamtheitlich denkenden und handelnden «Kümmerer» von Unternehmerfamilien und Familienunternehmen.

 

«Nehmen Sie sich eine Ich-Strategie vor!»

So bleiben Sie Partner und damit operativ tätig. Wie sehen die nächsten Schritte bei Ihrer persönlichen Nachfolgeplanung aus?
Wie vieles im Leben ist auch das Generationenmanagement ein stetiger Prozess. Noch bin ich in diverse Projekte involviert und werde dies wohl auch noch eine Zeit lang bleiben. Es geht ja u. a. darum, Erfahrung und Erkenntnisse auf die kommende Generation zu übertragen. Das spornt nochmals an, gibt aber auch Freiraum, ohne dabei den Kunden zu vernachlässigen. Ich freue mich, die kommende Generation, sei es im Verwaltungsrat oder im Partnerumfeld, zu unterstützen. In den vergangenen Jahren habe ich Inhaber von familiengeführten Unternehmen regelmässig nach ihrer persönlichen Bucket List gefragt. Nun darf ich die von mir erarbeitete Liste langsam in Angriff nehmen. Das ist eine grossartige Sache.

Wenn Sie auf Ihre Erfahrungen in der Continuum AG zurückblicken: Welche Fehler machen Familienunternehmen und Unternehmerfamilien am häufigsten?
Immer wieder kann man lesen: Bitte beginnt mit der Nachfolge so früh wie möglich. Ich sage: Es ist nie zu spät – Hauptsache, man tut es. Will heissen: Wenn der Prozess gestartet hat, soll man ihn auch abschliessen. Denn damit wurde bereits viel gemacht, kommuniziert und eingeleitet. Wenn diese Vorarbeiten nicht zu Ende geführt werden, verunsichert man seine Mitarbeitenden, seine Familie und v. a. sich selber.

Und wo mussten Sie am häufigsten «den Hebel ansetzen»?
Weniger den Hebel ansetzen, sondern vielmehr die Unternehmer und deren Kinder, aber auch die familienexternen Schlüsselpersonen von einem strukturierten und systematischen Prozess überzeugen. Sodann aber nicht vergessen, die bestehenden Dienstleister, Treuhandunternehmen, Banken und Anwaltsbüros eines Unternehmers davon zu überzeugen, dass wir komplementär arbeiten und somit in der Lage sind, Hand in Hand zu wirken – auch zugunsten der Mitarbeiter.

Was empfehlen Sie also einem Unternehmer, der seinen Betrieb in neue Hände übergeben will (oder muss)?
Eine Ich-Strategie vorzunehmen. Sich also etwa die Frage zu stellen: Was will ich eigentlich noch? Mithin aber auch die erwähnte «Bucket List»  zu erstellen und diese mit dem unmittelbaren Umfeld zu teilen. Darauf aufbauend können die weiteren Schritte viel präziser und gelassener angegangen werden.

 

  

«Es ist nie zu spät – Hauptsache, man tut es.»

Hanspeter Thür, Sie waren rund 30 Jahre lang bei der UBS tätig, bis Sie sich Mitte 2021 als unabhängiger Verwaltungsrat selbstständig gemacht haben. Warum der Wechsel vom Operativen zum Strategischen?
Ich war auch beinahe so lange in Führungsfunktionen tätig. Dabei habe ich immer besonders Wert darauf gelegt, die Mitarbeiter bei ihrer persönlichen Entwicklung zu unterstützen und ihnen zu helfen, die Perspektive zu wechseln. Letztlich ist es dieser Perspektivenwechsel, der mich immer fasziniert hat.  Und in gewissen Bereichen des Interimsmanagements darf ich ja weiterhin die Perspektive des Operativen geniessen. 

Wie kam die Zusammenarbeit mit Continuum zustande?
Ich kenne Rolf Brunner aus der Zeit, als ich meine ersten beruflichen Schritte beim damaligen Bankverein machen durfte. Mit meiner Rückkehr in die Ostschweiz hat sich auch der Kontakt mit Rolf wieder ergeben und ich habe Continuum kennenlernen dürfen. Rolf hat mich in dieser Zeit oft als Sparringpartner im Kontext der Kontinuität bei Continuum gehabt, woraus letztlich die Mitarbeit als Verwaltungsratspräsident entstanden ist.

Welche Fähigkeiten wollen Sie in den Verwaltungsrat der Continuum AG einbringen?
Einerseits kenne ich die Ostschweiz gut, andererseits bin ich überzeugt, dass ich die Continuum AG bei der Vertriebs- und Beratungssystematik unterstützen kann.

Die Continuum AG hat ja in den vergangenen Jahren ihren Verwaltungsrat sukzessive neu ausgerichtet. Was war der Antrieb dafür?
Wir wollten bewusst und sorgfältig den Nachfolgeprozess einleiten. Dabei ist es uns gelungen, sowohl im Verwaltungsrat eine gezielte Verjüngung vorzunehmen. Ich denke an den Eintritt von Yannick Brunner 2021, der u. a. den Aspekt der Digitalisierung für unsere Kunden sowie generell der Gedanke der NextGen einbringt – oder an Stefan Schneider, der als junger Partner ebenfalls Verantwortung übernommen hat. Wir haben auch neue Partner und Mitarbeiter gewonnen, die jung und dynamisch das Tun der Conntinuum mitprägen. Dies zeigt sich v. a. in der Zusammensetzung des gesamten Teams, das breit aufgestellt ist.

 

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«Man neigt dazu, die Nachfolge auf die lange Bank zu schieben.»

Im Lauf Ihrer Bankenkarriere haben Sie auch Einblicke in viele Unternehmen gewonnen. Decken sich Ihre hier gemachten Erfahrungen mit denjenigen der Continuum?
Unbedingt! Ich bin einigen familiengeführten Unternehmen begegnet, die Nachfolgeprobleme hatten. Diese waren meistens begleitet von Frustration und Unverständnis innerhalb der Familie, was in aller Regel auf fehlende Kommunikation und falschen Erwartungen hüben wie drüben zurückzuführen war.

Die Nachfolgeregelung ist ein Thema, das aktuell immer mehr Unternehmen beschäftigt. Warum wird es bei den Abtretenden trotzdem noch stiefmütterlich behandelt?
Ich vergleiche es oft mit der finanziellen Vorsorge: Das Problem ist meist noch nicht virulent. Man kümmert sich um andere zeitkritische Probleme und neigt dazu, die Nachfolge auf die lange Bank zu schieben.

Und warum lohnt es sich, eine Übergabe nicht selbst zu stemmen, sondern zusammen mit einem externen Partner?
Weil so vielen Befindlichkeiten, Erwartungen und Hoffnungen im Spiel sind. Diese können am besten mit einem externen und vor allem unabhängigen Partner oder Berater transparent gemacht werden.

Sie sind auch Hochschulrat der OST. Werden hier die angehenden Unternehmer schon frühzeitig darauf sensibilisiert, dereinst ihre Nachfolgeregelung systematisch zu planen?
Das ist ein sehr guter Hinweis. Lehrgänge in Unternehmensführung und Leadership sollten sich tatsächlich vermehrt der systematischen Nachfolge – oder wie wir bei Continuum sagen: der Vor-Nachfolge – annehmen.

Text: Stephan Ziegler

Bild: Marlies Thurnheer

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