St.Gallen

Sponsor für Sportler mit gleichen Werten

Sponsor für Sportler mit gleichen Werten
Philipp Bienz (Mitte) mit Geschäftsführer Noah Haas (links) und Spieler Simon Locher
Lesezeit: 8 Minuten

Aus dem aktuellen LEADER: Der Handballklub TSV St.Otmar möchte an glorreiche Zeiten anknüpfen: Mit komplett neuer Führung – und ehemaligen Sponsoren, die sich durch den Turnaround des Vereins zurückgewinnen liessen.

Das St.Galler Unternehmen Fortimo macht Immobilienentwicklung aus der Ostschweiz für die Ostschweiz. Und Fortimo ist wieder einer der wichtigen Sponsoren des TSV St.Otmar. «Wir wollten ein passendes Aushängeschild für uns gewinnen, das für uns Werbung macht», sagt Philipp Bienz, der zusammen mit seinem Bruder Remo Bienz Gründer und Inhaber des Unternehmens ist.

Das Unternehmen, das in der Region auch an verschiedenen Start-ups beteiligt ist, hat vielfältige Bezüge zum Ostschweizer Sport. Seit 2020 ist Fortimo Aktionär der FC St.Gallen Event AG, die Firma der Gebrüder Bienz unterstützt auch eine ganze Reihe von Einzelsportlern aus der Ostschweiz wie Skifahrerin Stefanie Grob, Zehnkämpfer Andrin Huber, Mountainbiker Raul Schneider, Triathlet Florin Parfuss und Tennisspielerin Karolina Kozakova. Der prominenteste Sportler mit Fortimo-Unterstützung ist derzeit sicher Mittel-Distanz-Läufer Dominic Lobalu: Der in Abtwil wohnhafte Flüchtling aus dem Südsudan wurde gerade unter der Schweizer Flagge Europameister über 10'000 Meter, nun startete er an den Olympischen Spielen in Paris Olympia für das Flüchtlingsteam.

Identifikation stimmte nicht mehr

Philipp und Remo Bienz sind «grundsätzlich sportbegeistert» und haben selbst eine Handball-Vergangenheit. Deshalb ist es naheliegend, dass Fortimo beim St.Galler Spitzenklub TSV St.Otmar zusammen mit drei weiteren Unternehmen als Co-Hauptsponsor eingestiegen ist. Oder präziser: Wieder eingestiegen ist. Fortimo war früher bereits einmal Sponsor des TSV St.Otmar, doch unter der vormaligen Führung stimmte die Identifikation mit dem Verein nicht mehr.

In den vergangenen Jahren war die Stimmung im und um den Verein belastet; inzwischen wurde ein Schnitt gemacht, alle wichtigen Funktionen im Verein wurden neu besetzt. Ein wenig ähnelt diese Geschichte derjenigen des FC St.Gallens, der vor einigen Jahren ebenfalls die Führungsetage austauschte.

Die strategische Führung ist unter Präsident Alex Hüttenmoser professioneller geworden, unter anderem wurde mit Noah Haas ein neuer Leiter der Geschäftsstelle eingesetzt, der sich auch um die Bedürfnisse der Sponsoren kümmert. Die sportliche Führung wurde mit der langfristigen Verpflichtung des früheren Nationalmannschaftstrainers Michael Suter gestärkt, der Verein zeigt damit, dass er Ambition hegt, von den Junioren bis zur ersten Mannschaft konkurrenzfähige Strukturen aufzubauen. «Wir schätzen und unterstützen diese Bestrebungen», sagt Philipp Bienz, «insbesondere, weil der TSV St.Otmar mit dem Wechsel in der Führung und dem neuen Trainer wirklich einen Aufschwung herbeiführen will.»

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«Wir möchten Sportler und Klubs unterstützen, die ähnliche Werte wie wir haben.»

Support für Ostschweizer Tugenden

Beim TSV St.Otmar legen die Fortimo-Besitzer den gleichen Massstab an wie bei den anderen Sport-Engagements: «Wir möchten Sportler und Klubs unterstützen, die ähnliche Werte wie wir haben, und die für typische Ostschweizer Tugenden stehen: Fleiss, Leistungsbereitschaft, aber eher bescheidenes Auftreten.»

Fortimo braucht das Sponsoring nicht, um ein Konsumprodukt zu verkaufen, sondern um das Image des Unternehmens zu pflegen. «Wir sind nicht in der Situation, dass wir Kunden oder Aufträge suchen müssten, weil wir nur Arbeiten für eigene Projekte machen und das eigene Portfolio entwickeln», sagt Philipp Bienz. Darum müssen sich die Sponsoren erst recht mit dem Image der Gesponserten identifizieren können. Das Unternehmen möchte durch diese Präsenz nicht zuletzt als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden, und als eine Firma, die sich in ihrer Region engagiert.

Geteiltes Hauptsponsoring

Als der TSV St.Otmar sich neu sortierte und auch nach neuen Sponsoren Ausschau hielt, zeigte sich, dass es vermutlich keinen Hauptsponsor gibt, der allein einen ansehnlichen Betrag hinblättern kann und dafür exklusiv auf dem Trikot der ersten Mannschaft prangt. Deshalb kam die Idee auf, dass eine Gruppe von vier oder fünf Co-Hauptsponsoren ein solches Engagement stemmen könnten, wie Geschäftsstellenleiter Noah Haas sagt. «Das hat nun auch den Vorteil, dass nicht gleich alles infrage gestellt wird, wenn ein Co-Hauptsponsor wegfallen sollte.

Aktuell treten jetzt vier Unternehmen als ebenbürtige Co-Hauptsponsoren auf: Rolf Schubiger Küchen, Kybun Joya Schuhe, D+D Immobilien und Fortimo. «Es hätte noch Platz für einen fünften Co-Hauptsponsor», hält Noah Haas fest. Unter den vier Co-Hauptsponsoren hat es zwei Immobilienfirmen; «D+D Immobilien von Colin Denk ist ein Mitbewerber, aber wir haben da keine Berührungsängste», meint Philipp Bienz, und schiebt mit einem Schmunzeln nach: «Beim FC St.Gallen hat es noch viel mehr Immobilienfirmen.»

Hier zeigt sich ein ziemlich entspannter Umgang unter Konkurrenten, was wohl auch eine Ostschweizer Eigenschaft ist. «Das Co-Haupt-Sponsoring kam auch zustande, weil wir uns vorher schon kannten und einer den anderen mitgezogen hat.»

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Die erste Mannschaft des TSV St.Otmar wird von einer ganzen Reihe von Sponsoren unterstützt.
Die erste Mannschaft des TSV St.Otmar wird von einer ganzen Reihe von Sponsoren unterstützt.

Freude am Sport

Wie viel Geld die Co-Hauptsponsoren dem Verein zukommen lassen, verraten der Sponsoringverantwortliche und der Sponsor nicht. Bekannt ist aber, dass sich das Jahresbudget des gesamten Vereins auf gut 1,7 Millionen Franken beläuft und der Grossteil davon auf die erste Mannschaft entfällt. Der Rest entfällt auf Junioren im Breitensport wie im Spitzensport und die Ostschweizer Handball Academy, der gemeinsamen Nachwuchsarbeit von St.Otmar, SV Fides und HC Goldach-Rorschach. Bekannt ist auch, dass der TSV St.Otmar mit dem Club 2000 eine potente Gönnervereinigung im Rücken hat, die für etwa die Hälfte des Budgets aufkommt – der Club 2000 mit seinen 500 Mitgliedern gilt als der einflussreichste Businessklub der Ostschweiz.

Die Brüder Philipp und Remo Bienz sind nicht Mitglied des Clubs 2000, «das ist eine separate Geschichte», sagt Sponsor Philipp Bienz. «Bei uns spielt die Freude am Sport mit, die Begeisterung, ein kleiner Teil davon zu sein. Wir möchten mithelfen, dass TSV St.Otmar wieder an alte Zeiten anknüpfen kann.» Zeiten, als St.Otmar in der Handball-Hochburg St.Gallen 2000 oder mehr Zuschauer zu den Matches lockte.

Aktuell schauen sich 800 bis 1000 Zuschauer die Spiele von St.Otmar an. «Das ist eigentlich beeindruckend, denn sportlich waren wir schon länger nicht gut», sagt Noah Haas. Wenn es mal besser lief, kamen auch gegen 1400 Zuschauer in die Kreuzbleiche-Halle. «In der Region St.Gallen gibt es eine grosse Dichte an Handballklubs und an Handball interessierten Leuten. In unserem Publikum hat es Leute aus Arbon oder Appenzell und auch Mitglieder von Brühl oder Fides.»

Das Potenzial der handballbegeisterten Region wurde schon länger nicht mehr ausgeschöpft; Noah Haas spricht von «20 Jahren Eiszeit». Nun, mit dem komplett erneuerten Vorstand in seinem Verein, sieht er eine Chance für einen Neuanfang. Im Männerhandball soll der Austausch mit dem 1.-Liga-Klub TSV Fortitudo Gossau und dem NLB-Klub HC Arbon gestärkt werden. Im Frauenhandball gibt der LC Brühl Handball, der erfolgreichste Frauenverein der Schweiz, den Ton an; der TSV St.Otmar hat seit gut zehn Jahren keine Frauenabteilung mehr. Mädchen, die als Kinder zusammen mit den Buben im Verein spielen, werden mit etwa elf Jahren zu Brühl transferiert, wie Noah Haas sagt: «Alles andere wäre unsinnig.»

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«Wir werden das Sponsoring sicher nicht in der Buchhaltung aktivieren.»

Mehr Show am Match

Der neue Geschäftsführer formuliert ein übergeordnetes Ziel seines Vereins: «Das Wichtigste ist, dass es St.Otmar in 15 Jahren noch gibt und die erste Mannschaft sich an der Spitze der Liga halten kann. Dafür müssen wir kontinuierlich in allen Bereichen hart arbeiten.»

Hart arbeiten will der Verein auch an der Attraktivität. «Handball ist noch sehr Turnhallengroove verhaftet», sagt Noah Haas, «Matches in einer Turnhalle mit Sprossenwand, auf einem Boden mit bunten Linien für 17 verschiedene Sportarten.» Fussball- und Eishockeyklubs hätten schon lange erkannt, dass sie über den Sport hinaus eine Show bieten müssen. «Dort kommen inzwischen mehr Leute als nur diejenigen mit Sportbackground.» Handball müsse sich auch in diese Richtung entwickeln, darum macht der Schweizerische Handballverband Vorgaben, um die Vereine zu einer Professionalisierung zu drängen, von einheitlichen blauen Böden über LED-Banden bis zum VIP-Bereich.

«Auch beim Rahmenprogramm hat Handball gerade in St.Gallen Potenzial, um mehr Leute in die Halle zu bringen», glaubt Philipp Bienz. Im Buhlen um Aufmerksamkeit stünde der TSV St.Otmar nicht nur in Konkurrenz mit dem FC St.Gallen, sondern auch mit Freizeitangeboten wie Kino. Am wichtigsten bleibt aber die Show auf dem Spielfeld, «Die Art und Weise, wie wir spielen, ist wichtig, Erfolg spielt eine Rolle», weiss Noah Haas, «Es macht mehr Spass, Siegern zuzuschauen.» Wächst dadurch die St.Otmar-Community, dann ist das auch für die Sponsoren wieder interessant.

Unterschiedliche Sponsoring-Pakete

Der Gegenwert eines Sponsorings ist nicht abschliessend zu beziffern, auch wenn es etwa Tools gibt, die genau registrieren können, wie oft der Livestream eines Spiels angeschaut wurde. Auch Artikel in Zeitungen und Online-Portalen mit Bildern, auf denen das Logo der Sponsoren zu sehen ist, können ausgezählt werden. Mindestens so wichtig sind für Sponsoren positive Rückmeldungen und die Art, wie die Leute über einen Verein sprechen. «Natürlich sind wir froh, wenn St.Otmar oft in den Medien erwähnt und auf Social Media geteilt wird», sagt Philipp Bienz, «aber wir werden das Sponsoring sicher nicht in der Buchhaltung mit einem Gegenwert aktivieren.»

Die verschiedenen Sponsoren des TSV St.Otmar erhalten unterschiedliche Pakete, darunter kann die Sichtbarkeit des Logos auf dem Trikot oder weiteren Kleidungsstücken sein, die Sichtbarkeit auf dem Mannschaftsbus, auf den LED-Banden oder auf weiteren Flächen in der Halle, auch auf dem Boden. Hier lässt es die Technik zu, dass es auch virtuelle Bodenwerbung nur im Livestream angeboten wird. Möglich ist auch, als Presenter das Patronat für einen Spieler zu übernehmen oder in bezahlten Social-Media-Post zu erscheinen.

Im Paket als Co-Hauptsponsor hat Fortimo das Recht, einmal im Jahr Cheftrainer Michael Suter für ein Referat oder einen Workshop zu buchen. Fortimo bekommt zudem zwölf Saisonkarten, «die werden wir mehrheitlich unseren Mitarbeitenden zur Verfügung stellen, so haben sie auch etwas vom Sponsoring ihrer Firma», sagt Philipp Bienz, «wir gehen eher selten mit Kunden an solche Events.» Die Hospitality-Möglichkeiten in der 40 Jahre alten Kreuzbleiche-Halle sind allerdings auch eher beschränkt.

Kommen da vielleicht die Immobilienentwickler unter den Sponsoren zum Zuge? «Die Entwicklung einer Halle steht bei uns nicht im Fokus», winkt Philipp Bienz ab. Er verweist auf die Idee des Netzwerkes Sport, für die fünf Sportarten Fussball, Handball, Unihockey, Reiten und Tennis im Gründenmoos einen grossen Komplex zu erstellen, «da wäre auch eine Halle geplant, ob das zustande kommt, ist aber noch offen.» Eine solche Halle könnte für den TSV St.Otmar allerdings zu gross und zu teuer werden. «Ich vermute, dass wir noch die nächsten 20 oder 30 Jahre in der Kreuzbleiche Handball spielen.» Die Halle hat bei Matches vom St.Otmar ein Fassungsvermögen von gut 2500 Zuschauern. «Wenn 1500 kommen, sieht sie schon schön gefüllt aus», sagt Noah Haas. Die Stimmung sei sicher besser als etwa in der ähnlich grossen Zürcher Saalsporthalle, wo sich jeweils 200 Zuschauer verlieren.

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Blick nach vorne

Ein Ziel wird also sein, die Zuschauerkapazität in der alten Halle wieder einmal auszureizen. «Wenn man sieht, woher St.Otmar kommt, ist jetzt das Wichtigste, dass wir uns auffangen und ein Fundament bauen», betont Noah Haas. St.Otmar soll attraktiv spielen, das Publikum begeistern, und der Verein soll eigene Junioren und Talente aus der Region in die erste Mannschaft bringen. Der Blick ist dann durchaus auf die erweiterte Liga-Spitze hinter Liga-Krösus Kadetten Schaffhausen gerichtet: «Wir haben den neuen Trainer für sechs Jahre verpflichtet mit dem Ziel, mittelfristig wieder ganz vorn anzugreifen.»

Mittelfristig denkt auch Co-Hauptsponsor Philipp Bienz. «Beim Sponsoring haben wir einen Drei-Jahres-Vertrag. Aber die Idee ist schon, dass wir einen Horizont wie bei der Verpflichtung des Trainers haben und eine Weile dabeibleiben.»

Text: Philipp Landmark

Bild: zVg, Adrian Ehrbar, Stefan Risi

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