Appenzell Innerrhoden

Für die Gesundheit von Mensch und Erde

Für die Gesundheit von Mensch und Erde
Vincent Vida, William Beiskjaer
Lesezeit: 4 Minuten

Die 2019 gegründete Upgrain AG aus Appenzell will die Schweiz erobern – mit innovativen Nahrungsmitteln, hergestellt aus sogenanntem Biertreber. Im Fokus steht eine ausgewogene Ernährung, die gut für uns und für den Blauen Planeten ist. Trotz dieser Ambitionen laufen die Appenzeller unter dem Radar. Noch.

«Wir sind ein Unternehmen, das sich auf das Upcycling von Biertreber spezialisiert hat», fasst COO William Beiskjaer zusammen. «Biertreber ist ein Überbleibsel, entstanden aus der Gerste während dem Bierbrauprozess.» Dieser Rohstoff blieb bisher ungenutzt und wird bei einem von Upgrain selbst entwickelten, aufwendigen Upcycling-Prozess in die Lebensmittelindustrie zurückgeführt: «Die Gerste wird nach dem Durchlaufen des Brauprozesses durch ein Rohr in unsere Upcyling-Anlage transportiert. Dort wird sie durch einen speziellen Prozess getrocknet und fraktioniert.»

Daraus entstehen verschiedene Pulver; Upgrain nennt sie «Upgrain Protein», «Upgrain Classic» und «Upgrain Fiber». Diese lassen sich leicht in bestehende Lebensmittel integrieren und werten damit jede Mahlzeit auf. «Beispielsweise mit Ballaststoffen, Mineralien oder einem vollständigen Aminosäuren-Profil. Damit tragen wir zur Verbesserung der Gesundheit von Mensch und Erde bei.» Zwar ist Upgrain noch ein Start-up, doch kann man bereits auf rund zehn Mitarbeiter zählen. «Alle kommen aus dem Appenzellerland. Sechs Personen arbeiten im Büro, zwei sind für die Instandhaltung der Anlagen verantwortlich und jeweils eine Person kümmert sich um das Qualitäts-, respektive das Produktmanagement.» Gemeinsam schaffen sie Mehrwert: «Wir tragen dazu bei, die Lebensmittelknappheit zu bekämpfen und den Lebensmittelabfall zu reduzieren.»

«Verglichen mit Soja- und Erbsenprotein haben unsere Produkte eine um 90 Prozent reduzierte Umweltbelastung.»

Innovativ und nachhaltig

Trotz all dieser Bemühungen, bahnbrechenden Erkenntnissen und Erfindungen läuft die Firma hierzulande unter dem Radar. Woran liegt das? «Upgrain hat seine Prioritäten bisher auf die Technologie- und Produktentwicklung gelegt. Dadurch standen Marketing und Publicity weniger im Fokus», erläutert William Beiskjaer. So habe man nicht die Sichtbarkeit erhalten, die man eigentlich verdient hätte. «Da die Technologie nun aber ausgereift ist, ist es uns möglich, zukünftig mehr Zeit in die Öffentlichkeitsarbeit zu investieren.» Nachhaltigkeit liegt im Trend; Upgrain steht nicht alleine da. Trotzdem können sich die Appenzeller seit knapp fünf Jahren auf dem Markt behaupten – auch ohne Öffentlichkeitsarbeit. Warum? «Die Umweltfreundlichkeit unserer Produkte durch das Upcycling ist einer der wichtigsten USPs.» Im Vergleich zu konventionellen Alternativen steche Upgrain durch besondere Nachhaltigkeit hervor. «Verglichen mit Soja- und Erbsenprotein haben unsere Produkte eine um 90 Prozent reduzierte Umweltbelastung», so der COO. Menschen, denen ein tiefer ökologischer Fussabdruck wichtig ist, sind mit den Produkten von Upgrain also bestens bedient.

  

Von der Schweiz in die ganze Welt

Auch wenn Upgrain technisch gesehen noch ein Start-up ist, so zieht es die Appenzeller dennoch in die ganze Welt. «Wir verkaufen unsere Produkte über ein internationales Netz von Vertriebshändlern. Bisher haben wir Partner in Europa sowie Nord- und Südamerika. Ausserdem stehen wir in Kontakt mit Distributoren für Asien.» 

Auf den internationalen Markt zu expandieren, bedeutet auch, Risiken einzugehen. Denn internationale Beachtung zieht auch Konkurrenz an. Ein guter Wettbewerbsvorteil ist also unabdingbar. «Unsere bahnbrechende Technologie sichert unsere Marktstellung. Exklusive Vereinbarungen mit Schlüssellieferanten sowie gemeinsame Patente bilden die Grundlage unserer dezentralen IP-Strategie, die unser Verfahren vor Nachahmern schützt. Ausserdem schützen wir unser Wissen über das Treber-Upcycling durch Verträge mit den wichtigsten Maschinenherstellern», verrät William Beiskjaer.

 

Schwierigkeiten und andere Herausforderungen

Gerade wenn man selbst noch nicht Jahrzehnte im Geschäft ist, steht man vor der einen oder anderen Herausforderung. «Beim Eintritt in den Markt mit einem neuen Rohstoff haben wir bisher verschiedene erlebt», bestätigt Beiskjaer. Das kann ganz banal sein: «Biertreber ist in nasser Form bekannt. Aber in trockener kennt man den nicht.» Das bedeute, dass die veränderte Funktionalität des Rohstoffs neue Anwender vor Herausforderungen stellen kann. «Deshalb haben wir unsere Produkte in verschiedensten Bereichen getestet und ein Rezeptbuch erstellt.» Damit soll der Kundschaft ein umfassender Überblick über die Anwendungsmöglichkeiten gegeben werden. «Eine zweite Hürde ist die Akzeptanz der Konsumenten, die skeptisch gegenüber einem ihnen noch nicht bekannten Rohstoff sein könnten. Hier unterstützen wir potenzielle Anwender mit Marketing-Material und Informationen», sagt der COO.

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«Durch die Zusammenarbeit mit Locher haben wir Zugriff auf eine hervorragende Infrastruktur.»

International tätig, lokal verankert

Doch warum hält eine international tätige Firma mit Expansionsplänen am Standort Appenzell fest? William Beiskjaer: «Ein wichtiger Faktor ist, dass sich die Brauerei Locher als Treberlieferant hier befindet. Durch die Zusammenarbeit mit Locher haben wir auch Zugriff auf eine hervorragende Infrastruktur für Produktentwicklung.» Ausserdem hat man bei der Brauerei eine lange Tradition bei der Produktion von Lebensmitteln. «Dies ermöglicht es uns, vom lokalen Know-how und der entsprechenden Expertise zu profitieren.

Upgrain hat grosse Pläne und will hoch hinaus. Die Erschliessung neuer Märkte wird das Appenzellerland als Wirtschaftsstandort weiter stärken – und dass man zeitgleich auch noch der eigenen Gesundheit und der Erde etwas Gutes tun kann, ist ein positiver Nebeneffekt.

Text: Fabian Alexander Meyer

Bild: zVg

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