"Wir werden länger arbeiten müssen"
Moderator Christoph Vollenweider wollte eingangs von Andreas Feller wissen, wie es ihm möglich sei, sich mit globalen Megatrends und ihren langfristigen Auswirkungen auf die Wirtschaft zu befassen statt dauernd auf die Quartalszahlen der börsenkotierten Unternehmen starren zu müssen. Der Referent meinte, dass er selber gut mit dieser Herausforderung leben könne. Es sei interessant zu beobachten, wie sich auch in der Nachhaltigkeit Trends herauskristallisieren. Als Beispiel nannte er die E-Mobilität, wo es wichtig sei abzuschätzen, ob Investitionen in diese Technik sinnvoll seien oder nicht. «Es ist aber auch hier eine Gratwanderung, denn Investoren schauen berechtigterweise gleichwohl auf die Quartalszahlen.» Es gelte auch bei Nachhaltigkeitsprojekten, den Dialog mit den Investoren zu pflegen. «Die Player der Branche müssen um Investoren kämpfen», sagte Feller.
Fünf Schlüsselthemen im Fokus
Andreas Feller beleuchtete in seinem Referat sodann Aspekte rund um die Next-Generation-Anlagephilosophie. Er warf dabei auch einen Blick auf das Gesundheitswesen, äusserte sich zur längeren Lebenserwartung und hinterfragte deren Einflüsse auf die Altersvorsorge kritisch.
Er legte dar, dass die Next-Generation-Anlagephilosophie der Bank Julius Bär von fünf Schlüsselthemen geprägt werde. So gelte es den Aufschwung Asiens mit wachsenden Volkswirtschaften in asiatischen Schwellenländern ebenso aufmerksam zu verfolgen wie die Energiewende mit dem Umstieg von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energiequellen oder die Digitale Disruption. Damit meinte er das Phänomen der Digitalisierung und ihre Auswirkungen auf alle Bereiche unseres Lebens.
Feller nannte als weitere Schlüsselthemen die Welternährung mit einer nachhaltigen Produktion zur Ernährung der Weltbevölkerung, die bis ins Jahr 2050 um weitere 2,4 Milliarden Menschen wachsen dürfte, sowie mutierende Lebensstile als Auswirkungen der weltweit steigenden Lebenserwartung auf die globale Wirtschaft.
«Know-how nicht leichtfertig preisgeben»
Die rund um die genannten Schlüsselthemen angestossenen Entwicklungen dürften nicht als Hype verstanden werden, sondern seien auf Langfristigkeit ausgerichtet. Andreas Feller betonte, dass es wichtig sei, diesen strukturellen Wandel zu verstehen. «Die Umwelt setzt dem wirtschaftlichen Wohlstand Grenzen», «Technologie ist langfristig der wichtigste Wachstumsfaktor» und «Werte verändern sich im Laufe der Zeit, ebenso wie die Bestimmungsfaktoren für Wohlbefinden» lauteten einige Aussagen des Referenten.
In Japan sei festzustellen, dass wieder vermehrt Frauen in die Arbeitswelt zurückkehren würden. Es gelte auch in der Schweiz, gerade wegen der steigenden Lebenserwartung, Arbeitnehmer möglichst lange im Arbeitsprozess zu behalten. Selbst in einem Hochpreisland wie der Schweiz dürfte der Faktor Erfahrung nicht vernachlässigt werden. Feller: «Es gilt zu bedenken, dass Know-how viele positive Entwicklungen begünstigt hat.»
Altersvorsorge ein zentrales Anliegen
Mit einem Blick auf die Zeit nach dem Arbeitsleben meinte Andreas Feller: «In vielen Köpfen ist noch verankert, dass man möglichst jung in die Pension gehen möchte.» Doch dies könne auf Zeit nicht gut gehen. «Es gilt, auch für eine nachhaltige Altersvorsorge innovative Lösungen zu finden», betonte der Redner.
Der Finanzfachmann mahnte, dass Anstrengungen nötig seien, um die Altersvorsorge zu sichern. «Hierfür gibt es diverse Modelle: Länger zu arbeiten oder flexibel zu gestaltende Eintritte in die Pension sind zwei Optionen», sagte Feller. Die Situation für die Zeit nach der Erwerbstätigkeit präsentiere sich gegenwärtig so, dass man von der durchschnittlichen Lebenserwartung her rund ein Drittel des ganzen Lebens im Ruhestand verbringe. «Wir müssen uns darauf einstellen, länger zu arbeiten, ob wir wollen oder nicht.»
Feller ortet in der Schweiz bezüglich Vorsorgestrategien «sehr wenig Eigenverantwortung». Den Jungen mangle es zudem am dringend nötigen Sparwillen. Auf Christoph Vollenweiders Frage, ob sich die Schweizer Bevölkerung zu stark auf die drei Säulen der Altersvorsorge abstütze, antwortete der Referent: «Definitiv! In anderen Ländern interessieren sich sehr viel mehr Menschen dafür, wie sich das eigene Vermögen entwickelt.»