Schopenhauers Nachlass ist komplett

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Zu seiner Zeit wurde der Philosoph Arthur Schopenhauer wenig beachtet. Mit umso grösserer Intensität hat er seine Gedanken festgehalten. Ernst Ziegler, Alt-Stadtarchivar von St.Gallen, hat schon eine ganze Reihe dieser Notizen veröffentlicht. Soeben ist mit dem «Cholerabuch» der letzte Band von Zieglers Arbeit in den Druck gegangen.

Er steht quer zu seiner Zeit, die auf tätigen Optimismus getrimmt ist – und ist vielleicht gerade deshalb ein Mann für heute: Arthur Schopenhauer, geboren 1788 in Danzig als Sohn eines Kaufmanns und gestorben 1860 in Frankfurt am Main, schreibt zwischen 1814 und 1818 sein Hauptwerk – «Die Welt als Wille und Vorstellung» – und wird lange ignoriert. Was ihn zwar verletzt, aber nicht vom Weg abzubringen vermag. Beharrlich beobachtet der Philosoph seine Zeit, macht sich Gedanken, und schreibt sie nieder.

Was da an Wertvollem schlummert, das macht der ehemalige St.Galler Stadtarchivar Ernst Ziegler in mühseliger Kleinarbeit zugänglich. Drei Bände aus Schopenhauers handschriftlichem Nachlass hat er im C.H.Beck-Verlag publiziert («Senilia», Spicilegia», «Pandectae»). Jetzt sind mit den «Cogitata» und mit dem «Cholerabuch» die letzten beiden Bände im Verlag Königshausen & Neumann erschienen bzw. im Druck. Ziegler (*1938) ist weltweit der letzte Paläograf, der Schopenhauers Handschrift noch lesen kann.

Arthur Schopenhauer lebte seit 1820 mit Unterbrechungen in Berlin, wo 1831 die Cholera ausbrach, was ihn bewog, diese Stadt zu verlassen. Auf das Titelblatt dieses Manuskriptbuches schrieb er, es heisse Cholerabuch, «weil es auf der Flucht vor der Cholera geschrieben» worden sei. Das Cholerabuch, das Schopenhauer von 1831 bis 1832 führte, enthält nicht nur Gedanken, sondern auch Auszüge, Inhaltsangaben, Stellenhinweise aus verschiedenen Werken, Entwürfe zu Vorreden und teilweise bissige Kritiken. Die in diesen Bänden festgehaltenen Gedanken bilden wie die Cogitata - das «philosophische Tagebuch» (von cogitatum, cogitatus, der Gedanke, das Gedachte, das Denken), das Schopenhauer von 1830 bis 1833 führte - gleichsam das Skelett zu Schopenhauers System. 

Das Cholerabuch ist hier erhältlich: www.verlag-koenigshausen-neumann.de

Die Cogitata hier: www.verlag-koenigshausen-neumann.de

Senilia, Spicilegia und Pandectae hier: www.chbeck.de