«Radikaler Absenkungspfad führt zu Härtefällen»

«Radikaler Absenkungspfad führt zu Härtefällen»
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Der St.Galler Kantonalverband unterstützt die Nein-Parole des HEV Schweiz zur Totalrevision des CO2-Gesetzes: Haus- und Grundeigentümer leisten bereits erhebliche Investitionen an die energetische Sanierung ihrer Liegenschaften.

Diskussionen mit und Rückmeldungen aus den HEV-Sektionen zeigen, dass die Meinungen zu dieser Abstimmungsvorlage innerhalb der rund 31'000 Mitglieder des HEV Kanton St.Gallen breit gefächert sind. Der Kantonalverband bekennt sich zur Energiestrategie 2050 und zu den Bestrebungen des Bundesrates, den Gesamtenergiebedarf zu senken und den Treibhausgas-Ausstoss zu reduzieren. Dies hat er auch zum Ausdruck gebracht, indem er auf ein Referendum zum VI. Nachtrag des kantonalen Energiegesetzes verzichtete – denn Härtefälle wurden im Kantonsrat konkret geregelt. Das vorliegende CO2-Gesetz auf Bundesebene bringt nun aber weitere Nachteile im Umgang mit Alt- und Bestandesbauten hervor – und damit neue Härtefälle.

Vorbildlicher Gebäudesektor wird abgestraft

Im revidierten CO2-Gesetz wird ausgerechnet für den Gebäudesektor ein verbindlicher Zielwert von minus 50 Prozent des Treibhausgas-Ausstosses bis 2027 vorgesehen. Dies ist unverständlich, da gerade dieser Sektor bis anhin am stärksten zur Senkungsleistung beigetragen hat. Der Treibhausgas-Ausstoss im Gebäudebereich konnte bereits vor drei Jahren gegenüber 1990 um 34 Prozent gesenkt werden. Allein die HEV-Mitglieder investieren bereits heute jährlich rund 9.5 Milliarden Franken in ihre Liegenschaften (Basis: Mitgliederbefragung 2019 mit 20'000 Rückmeldungen). Auf den gesamten Schweizer Wohnimmobilienmarkt hochgerechnet bedeutet dies jährliche Investitionen von mehr als 20 Milliarden Franken, die zu einem Grossteil Energieeinsparungen und Verminderungen des Treibhausgas-Ausstosses bewirken.

CO2-Gesetz: horrendes Tempo beim Absenkziel im Gebäudebereich

Die Totalrevision des CO2-Gesetzes schlägt ein Tempo an, das nicht mit den Erneuerungszyklen im Gebäudebereich und den Voraussetzungen des heutigen Gebäudebestands vereinbar ist. Bereits ab 2023 lässt der vorgesehene Grenzwert für Gebäude nur noch 20 kg CO2 pro m2 beheizte Fläche zu. In vier Fünfteln der Bauten müssten bei einem Heizungsersatz zusätzliche Sanierungsmassnahmen durchgeführt oder das Heizsystem gewechselt werden. Dieser äusserst ambitionierte Wert wird bei Annahme des Gesetzes in Fünfjahresschritten um jeweils 5 kg CO2 reduziert bzw. verschärft. Der durch das CO2-Gesetz ausgelöste Kostendruck wird gerade bei HEV- Mitgliedern mit Bestandesliegenschaften zu Härtefällen führen.

 

Zusätzliche, unmittelbare Investitionskosten für Haus- und Grundeigentümer

Bei den meisten Häusern wird ein Umstieg auf Wärmepumpen nicht ohne zusätzliche Massnahmen möglich sein. Die Gesamtkosten-Belastung bei einem Heizungsersatz kann sich je nach Objekt und Lage (etwa aufgrund von Dämm-Massnahmen) gegenüber den Kosten des Heizungsaggregats verdoppeln bis verdreifachen. Der kritische Punkt liegt hier beim unmittelbar und vollumfänglich aufzubringenden Investitionsvolumen, da eine energetische Sanierung aufgrund der System-Abhängigkeiten der verschiedenen Komponenten nur schwerlich über mehrere Jahre in verdaubaren Etappen realisiert werden kann. Die enormen finanziellen Auswirkungen der Krisensituation durch COVID-19 sind nach und nach erkennbar. Auch darum muss die massive Verteuerung der Energie- und Investitionskosten, wie sie das CO2-Gesetz für den Gebäudebereich vorsieht, kritisch beurteilt werden.

Versorgungssicherheit ungelöst

Der Fokus des CO2-Gesetzes ist völlig einseitig auf die Treibhausgas-Reduktion gerichtet und blendet den damit verbundenen steigenden Strombedarf, den etwa Wärmepumpen auslösen, komplett aus. Letztendlich wird damit auch die Versorgungssicherheit in unserem Land für Private wie Wirtschaft gefährdet.

Im Gesamtfazit des Kantonalverbands ist die Nein-Parole des HEV Schweiz für die am 13. Juni zur Abstimmung anstehende Totalrevision des CO2-Gesetzes konsequent. Das Gesetz ist zu einseitig ausgerichtet, es verfolgt viele richtige Ziele viel zu schnell. Es wirkt zu tiefgreifend in die Gebäudestrukturen von Bestandesliegenschaften mit erheblichen, nicht staffelbaren Kostenfolgen, die viele Wohneigentümer finanziell überfordern.