Immobilien können zum Abenteuer werden

Grundsätzlich neige der Thurgauer Immobilienmarkt «zu einer angespannten Verfassung wie kaum zuvor», sagt Werner Fleischmann (Bild), Inhaber von Fleischmann Immobilien. Die Preise seien zwar noch lange nicht vergleichbar mit Entwicklungen in der Nähe der Stadt Zürich. Trotzdem stellt er insbesondere im ersten Halbjahr 2021 eine zunehmende Angebotsverknappung fest, die anhaltend steigende Immobilienpreise bewirkt habe.
Wohneigentum gefragter denn je
«Während der Corona-Pandemie waren einerseits Familien und berufstätige Personen vermehrt auf der Suche nach Wohneigentum. Das Haus mit eigenem Garten oder die grosszügige Eigentumswohnung mit Terrasse sind gefragte Objekte, weil das Homeoffice enorm an Bedeutung zugenommen hat.» Andererseits, so Fleischmann, kämen Liegenschaften nur zaghaft auf den Markt: «Wer schon seit längerem Wohneigentum besitzt, verkauft in dieser Krisenzeit nur ungerne – gerade ältere Menschen warten mit dem Umzug ins Altersheim und bleiben lieber in den eigenen vier Wänden, solange dies nur irgendwie möglich ist.»
Preise legen noch mehr zu
Das Resultat dieser laut Fleischmann verständlichen Verhaltensweisen mündet in steigende Preise. In den letzten Monaten habe sich der Trend sogar akzentuiert, sagt er aufgrund seiner eigenen Erfahrung und mit Blick auf verschiedene schweizweite Datenerhebungen: «Je stärker die Preise steigen, desto eher weichen Kaufinteressierte auf bislang weniger gesuchte Ortschaften aus. Dadurch steigen die Preise in allen Thurgauer Regionen. Die Entwicklung ist aber sehr unterschiedlich, und die Preise sind zusätzlich stark abhängig von der Lage in einem Quartier.» Trotzdem mache es immer noch «einen grossen Unterschied, ob man im Thurgau oder aber in Winterthur eine Wohnung beziehungsweise in der Region Zürich ein Haus kaufen will».
Risiken gut bedenken
Dennoch ist Fleischmann noch immer hoffnungsvoll, dass «die Preise nicht in den Himmel wachsen. Aber wir müssen achtsam sein.» Die erneuten Warnungen der Schweizerischen Nationalbank seien durchaus ernst zu nehmen. Gerade an junge Familien richtet er den Rat, sich nicht auf finanzielle Abenteuer einzulassen. In seiner Vermittlungstätigkeit nähmen er und sein langjähriges Team wahr, «dass die anhaltend tiefen Zinsen sowie das mangelnde Angebot verlocken, erhöhte Risiken einzugehen. Denn der Wunsch nach dem Eigenheim wird oft immer stärker und die Angst vor anhaltend steigenden Preisen immer grösser.» Er warnt ausdrücklich vor sogenannten «Panikkäufen». Er habe in den letzten Monaten Aufschläge von mehr als zehn Prozent über dem bankgeprüften Wert beobachtet. Das bedeute, dass man wesentlich mehr Eigenmittel einschiessen müsse und dass die Tragbarkeit langfristig gefährdet sei. Fleischmann: «Es ist schön, eine Zuversicht festzustellen und auch den Aufschwung in der Wirtschaft mitzuerleben.» Indes: «Wenn die Zinsen irgendwann einmal doch noch steigen und sich gewisse wirtschaftliche Corona-Folgeerscheinungen negativ auf den Arbeitsmarkt auswirken sollten, könnte das zu einem gefährlichen Abenteuer für viele heutige Kaufinteressierte und Familien werden.»