Ostschweiz

«FemalITy»: Frauen sollen in die Informatik

«FemalITy»: Frauen sollen in die Informatik
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Überholte Berufsbilder, Vorurteile und veraltete Geschlechtervorstellungen verhindern, dass sich angehende Studentinnen für Informatik oder Wirtschaftsinformatik begeistern. Informatik-Initiativen der OST räumen jetzt mit Klischees auf. Der Ostschweizer Netzwerkanlass «FemalITy» will am 31. August gezielt auch Vorbilder für Frauen in IT-Berufen schaffen.

Text: Michael Breu

Ein Beruf mit Jobgarantie, moderne Arbeitsbedingungen, zukunftsträchtig. Wer träumt nicht davon? Genau dieses verlockende Berufsbild trifft auf Wirtschaftsinformatiker und Informatiker zu, sagt Mirko Stocker, Professor für Software Engineering und Studiengangsleiter Informatik an der OST – Ostschweizer Fachhochschule.

«Es gibt viele erfolgreiche Frauen, die als (Wirtschafts-) Informatikerinnen arbeiten. Trotzdem studieren an Schweizer Hochschulen deutlich weniger Frauen technische Berufe. An der OST sind aktuell gerade einmal 8,9 Prozent Frauen in Informatik und 19,3 Prozent in Wirtschaftsinformatik eingeschrieben.»

Stocker führt dies auf hartnäckige Klischees zurück – eines davon heisst: Informatiker sitzen den ganzen Tag vor dem Computer und haben kaum Kontakt zu anderen Menschen. Dabei ist das Umgekehrte der Fall, sagt Pascale Baer-Baldauf, Leiterin des Instituts für Informations- und Prozessmanagement und Professorin für Wirtschaftsinformatik an der OST.

«Wirtschaftsinformatiker und Informatiker arbeiten in interdisziplinären Teams und sind kommunikativ stark. Logisches und vernetztes Denken ist dabei sehr wichtig. Aber wir sitzen nicht stundenlang allein vor dem Computer und tippen Codes in die Tastatur.» Und vor allem, ergänzt Mirko Stocker, «Programmieren ist erlernbar wie jedes andere Fachgebiet auch.»

Mit Klischees aufräumen

Die OST räumt schon lange mit solchen Klischees auf. Mit mehreren Informatikinitiativen sollen insbesondere Frauen für die Berufe Wirtschaftsinformatiker:in und Informatiker:in begeistert werden. Auch der Kanton St.Gallen möchte, dass die Bevölkerung und Wirtschaft zu den Gewinnern der Digitalisierung gehören.

Mit Unterstützung der IT-Bildungsoffensive des Kantons werden auf allen Schulstufen IT Kompetenzen gefördert. Mit gezielter Frauenförderung sollen Frauen in der IT-Branche zukünftig keine Minderheit mehr sein. Das St.Galler Stimmvolk hat für die Umsetzung insgesamt 75 Millionen Franken gesprochen.

  

Angebote von der Primar- bis zur Mittelsschule

Eine Initiative der OST – «Digital Girls» – setzt bereits im Primarschulalter an. «Schülerinnen der 5. und 6. Klasse erhalten die Möglichkeit, sich auf spielerische Weise mit Informatik auseinanderzusetzen», erklärt OST-Professor Mirko Stocker.

Auch am Nationalen Zukunftstag biete die OST spezifische Programme in den Bereichen Wirtschaftsinformatik und Informatik an. Und beim «LadyHack@OST» können die Teilnehmerinnen auf kreative und unterhaltsame Art gemeinsam Softwareprodukte herstellen. Programmierkenntnisse sind hier nicht zwingend.

«Am LadyHack macht jede Lady, was sie am besten kann. Wer gut zeichnen kann, steuert Grafiken bei. Wer gut Geschichten erzählen kann, schreibt ein Storyboard. Wichtig ist, dass man Spass miteinander hat». «‹LadyHack@OST› ist ein Angebot für junge Frauen ohne technischen Lehrabschluss oder Kantonsschülerinnen», so Stocker.

«Er braucht mehr Frauen»

«Ob in der Wirtschaft, der Politik oder der Gesellschaft: Informationssysteme nehmen praktisch überall eine unverzichtbare Rolle ein. Und da braucht es mehr Frauen!», ist Pascale Baer-Baldauf überzeugt.

«Ob Klimakrise, Künstliche Intelligenz, ChatGPT oder Gesundheitsversorgung – die Informatik wirkt in alle Lebensbereiche hinein. Für erfolgreiche Lösungen brauchen wir geschlechterübergreifende Perspektiven und Ansätze. Deshalb sind die Kompetenzen der Frauen sehr wichtig.»

Genau hier setzt das Projekt «femalITy» an – ein Netzwerkanlass für Frauen in der IT. «Wir wollen, mehr Frauen vom Potenzial einer ICT-Karriere überzeugen», erklären die beiden OST-Professoren Pascale Baer-Baldauf und Mirko Stocker, die auch im OK des Anlasses mitwirken. «Der Frauenanteil in der IT verharrt in der Schweiz auf tiefem Niveau», so Baer-Baldauf.

Im Jahr 2021 lag der Frauenanteil in den IT-Berufen bei nur 16,3 Prozent, damit liegt die Schweiz im europäischen Vergleich im hinteren Bereich. Dabei stecken wir mitten in der Digitalisierung– die zukünftigen Entwicklungen sind heraufordernd und vielschichtiger Natur.

Der Anlass «femalITy» soll an konkreten Beispielen aufzeigen, dass Frauen erfolgreich in der Informatik- und Wirtschaftsinformatik sind und in den vielfältigen und äusserst spannenden Berufsfeldern ein hohes Mass an Erfüllung finden können, sagt OST-Professorin Pascale Baer-Baldauf.

Denn an inspirierenden Vorbildern fehlt es immer noch. «Kaum jemand weiss noch, dass Programmieren bis in die 1960er-Jahre ein typischer Frauenberuf war. Denn diese Herausforderungen sind für Frauen genauso zugänglich wie für Männer: Frauen können Informatik!».

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