Entertainmentbranche antwortet mit Digitalisierung auf Wettbewerbsdruck

Entertainmentbranche antwortet mit Digitalisierung auf Wettbewerbsdruck
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Beim Kongress „360° Entertainment“, organisiert von der St.Galler ESB Marketing Netzwerk AG, diskutierten 330 Entscheider aus dem Schweizer Entertainment-Markt die Trends im Eventbusiness. Die Konkurrenz- und Wettbewerbssituation steigt. Die Branche antwortet darauf mit neuen Kooperationsmodellen und Transformationen wie beispielsweise im Ticketabsatz.

Die Wettbewerbssituation ist dramatisch gestiegen. Darüber waren sich alle Teilnehmer, die aus den unterschiedlichsten Bereichen der Branche stammten, einig. Es gibt mehr Konzerte und Angebote, mehr Leistungen für Sponsoren und neue Herausforderungen am Ticketmarkt. Social Media stellt die Branche vor völlig neue Aufgaben. Am Kongress 360° Entertainment in Interlaken wurde diese Situation selbstkritisch reflektiert. Die permanente und professionelle Interaktion mit den Fans sei mehr denn je gefragt. Der Zufall sollte auch online nicht die Regie führen. Auch Ringier-CEO Marc Walder (Bild) bestätigte die wachsende Bedeutung von Social Media. Der Medienkonsum habe sich völlig verändert. „In der Schweiz wird 43 Prozent des Traffics über Mobilgeräte abgerufen“, so Marc Walder. „Wer nicht schnell genug transformiert, der verschwindet.“

Tickets dominieren im Internet

Kein anderes Produkt wird digital häufiger erworben als Veranstaltungstickets. Laut Tickercorner-CEO Andreas Angehrn werden in der Schweiz bereits 80 Prozent der Tickets über das Internet gekauft. „Social Media übernimmt die Rolle der Distribution,“ meint dazu auch Detlef Kornett von DEAG Entertainment. Damit Events von dieser Entwicklung profitieren, müsse man alle Phasen der Eventkommunikation vorab, während und danach mit Content begleiten. „Mit Veranstaltungen alleine verdient man heute kein Geld mehr“, gab Kornett kritisch zu bedenken. Neben digitalen Angeboten haben internationale Märkte einen grossen Einfluss auf die Schweizer Branche. Laut Thomas Dürr, von der Veranstaltungsfirma act entertainment, treiben internationale Grossevents die Eintrittspreise stark in die Höhe. „In der Schweiz ist die Preisobergrenze mehr oder weniger erreicht.“ Ticket-Zweitmärkte wie Viagogo verärgern die Branche mit Falschmeldungen und Irreführungen. Babette Sigg Frank, Präsidentin des Schweizerischen Konsumentenverbandes, berichtete von über 200 betroffenen Menschen pro Jahr, die Events durch falsch ausgestellte Tickets nicht besuchen konnten. „Ein Drittel aller Kunden-Klagen richten sich gegen Viagogo“, erzählt Babette Sigg Frank.

 

Storytelling für die passende Zielgruppe

Es wird immer komplexer, die richtige Zielgruppe für die Events zu erreichen. Michael Schweizer von Live-Fabrik zeigte hierzu die Vorteile von Live-Content in Social Media auf. Live-Content führt zwar zu mehr Interaktion mit dem Konsumenten und der Brand. Wichtig sei aber, dass Veranstalter ein gut durchdachtes Konzept haben und professionell nach Drehbuch arbeiten. Das Wichtigste dabei sei die Interaktion. Menschen stellen ihre Fragen direkt an die Marke oder den Künstler, Medienbarrieren verschwinden. Damit Live-Content funktioniert, bedarf es in jedem Fall einer klaren Strategie. Am Beispiel Izzy zeigte Bernhard Brechbühl auf, wie erfolgreiches Storytelling für die junge, urbane Zielgruppe aussieht. „Reichweite kann man sich erkaufen, aber nur mit gutem Content erzeugt man Interaktion“, so Bernhard Brechbühl. Izzy erzielt mit witzigen Kurzvideos alleine auf Instagram wöchentlich 2 Millionen Views und 200.000 Interaktionen.

Starker Eventformate vs. wirtschaftlichem Erfolg

Auch nach 100 Jahren Schweizer National-Circus Knie steht die Zirkus-Branche in der Schweiz positiv da. „Der Zirkus lebt von den Kindheitserinnerungen. Kinder wollen auch heute das Live-Erlebnis“, sagt Franco Knie senior. Andere Events erleben aber den Kampf um Sichtbarkeit und wirtschaftlichen Erfolg. Aus Sicht der Venues geht der Trend hin zu mehr Eigenproduktionen. Einerseits, um den Markt zu bedienen, andererseits, um das wirtschaftliche Risiko zu minimieren. „Bei der Suche nach neuen Konzepten müssen Veranstalter, Sponsoren und Künstler enger zusammen arbeiten, weil Trends immer kurzlebiger werden“, ist auch Felix Frei, CEO Hallenstadion, überzeugt.

Musik- und Entertainmentbusiness der Zukunft

Patrick Orth begleitet die Toten Hosen seit 30 Jahren und erlebt den Wandel im Musikmarkt aus erster Hand. „Vor 30 Jahren machte der Musikverkauf noch zwei Drittel des Umsatzes aus, heute ist es je ein Drittel Musik, Merchandise und Livekonzerte“, erklärt Patrick Orth. Neben dem Trend zu mehr Live-Events steigt auch der Konsum von Musik-Streaming. Das bestätigt auch Roman Camenzind von HitMill. 80 Prozent des Plattenmarkts ist eingebrochen. „Langfristig lässt sich nur noch in der Altersklasse Ü40 mit Platten Geld verdienen,“ so Roman Camenzind. Auch die Art des Entertainments ändert sich. Neue Trends stellte die Zukunftsforscherin Karin Frick vor. „Es erobern bereits virtuelle Stars die Unterhaltungswelt. Limitierte Formate und Produkte werden zunehmend wertvoll, da bereits alles im Überfluss vorhanden ist“, so Karin Frick.