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Wie wichtig Employer Branding für Arbeitgeber ist

Wie wichtig Employer Branding für Arbeitgeber ist
Isabel Schorer
Lesezeit: 6 Minuten

Der Arbeitsmarkt befindet sich im Wandel: Haben sich früher Arbeitswillige um Stellen beworben, sind es jetzt die Firmen, die um die besten Fachkräfte buhlen. Denn dabei geht es um einen für sie kritischen Erfolgsfaktor: Der Mangel an kompetenten Kräften schlägt sich direkt auf die Marktfähigkeit eines Unternehmens nieder. Als Mitglied Senior Management der Kommunikationsagentur Farner leitet Isabel Schorer seit Januar 2019 Farner St.Gallen. Die FDP-Kantonsrätin weiss, wie sich ein Unternehmen als attraktiver Arbeitgeber positionieren kann.

Isabel Schorer, gute Löhne, Zulagen, Boni, Vorsorge oder extra Ferientage gehören für Bewerber heute schon zu den Must-haves, die ein Unternehmen bieten muss, um überhaupt als potenzieller Arbeitgeber wahrgenommen zu werden, oder?
In den meisten Branchen ist es tatsächlich so. Dies ist auch die  Ursache dafür, warum Unternehmen sich vertiefter mit ihrem Auftritt und Image im Arbeitsmarkt befassen. Die von Ihnen genannten Anreize sind quantitativ, rational, extrinsisch – sie gelten für alle Arbeitgeber gleichermassen. Wenn eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer eine Stelle auswählt, ist das ähnlich wie beim Autokauf: Man vergleicht zuerst Preis und Leistung. Damit eine Marke nachhaltig überzeugt, braucht es allerdings mehr. 

Damit gewinnen emotionale und qualitative Aspekte wie Werte, Grundhaltung und Unternehmenskultur stark an Bedeutung.
Ja. Wir bewegen uns in der Schweiz in einem Nachfrageüberhang der Arbeitgeberseite. Wir stehen vor Herausforderungen wie im Absatzmarkt: Dort steigen die Preise – und im Arbeitsmarkt steigen die Löhne. Es kann jedoch nicht Ziel eines Unternehmens sein, laufend Löhne zu erhöhen, zumal offensichtlich wird, dass dieser Anreiz nur bedingt funktioniert. Deshalb werden qualitative und emotionale Aspekte bei der Job-Wahl immer wichtiger.

Auf was legen Bewerber dabei besonders Wert?
Das gesamte Angebotspaket des potenziellen Arbeitgebers muss stimmen. D. h., dass nicht nur der Lohn und die weiteren Benefits marktgerecht sind, sondern dass der Arbeitgeber gleichzeitig über eine attraktive, moderne Unternehmenskultur verfügt, welche die den Arbeitnehmenden emotional an das Unternehmen bindet. Idealerweise ist auch ein sinnstiftender Unternehmenszweck erkennbar. Je «attraktiver» das Unternehmen ist, umso eher sind die Arbeitnehmenden auch bereit, den Faktor Lohn weniger stark zu gewichten.

 

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«Ein Versprechen abzugeben und es nicht einzuhalten, kann dem Image eines Unternehmens nachhaltig Schaden zufügen.»

So wird die Bearbeitung des Arbeitsmarktes eigentlich zu einer strategischen Aufgabe, die sich auf die gesamte Unternehmensmarke und deren interne und externe Wahrnehmung auswirkt.
Absolut. Das ist ein Strategiethema, denn es geht um den mittel- und langfristigen Auftritt des Unternehmens in einem sich stark bewegenden Markt. Die Entwicklung und Bearbeitung der Arbeitgebermarke zeigt übrigens oft auch positive Auswirkungen auf das gesamte Unternehmensimage – auch im Absatzmarkt.

Ist diese Erkenntnis bei den Ostschweizer Unternehmen angekommen?
Jein. Die Herausforderung Fachkräftemangel ist spürbar. Unternehmen in allen Grössen und aus allen Branchen suchen händeringend Kräfte aus ihren Berufsbereichen. Dies zeigen auch bestehende übergreifende Plattformen wie «IT rockt!» oder «Wilder Osten», die im Verbund dieser Herausforderung begegnen wollen. Jedoch ist die Tragweite und der Nutzen eines fundierten «Employer Brandings» noch nicht überall erkannt.

Ein glaubwürdiges Bild wird durch die langfristige, konsequente und facettenreiche Kommunikation der eigenen Markenpersönlichkeit erreicht. Worauf ist hier besonders zu achten?
Es gibt einen wichtigen Grundsatz: Strikte Authentizität. Ein Versprechen abzugeben und es nicht einzuhalten, kann dem Image eines Unternehmens nachhaltig Schaden zufügen. Verrenken Sie sich als Unternehmen also nie, stehen Sie zur eigenen Firmen-Persönlichkeit – nur so werden die Menschen gefunden, die zum Unternehmen passen. Auch Unternehmen derselben Branche haben viele Facetten und sind nicht alle gleich. Dies kommt in der Varietät ihrer Unternehmenskulturen zum Ausdruck, was gegen aussen erkennbar gemacht werden muss.

Haben Sie ein Beispiel dafür?
Typische Beispiele sind Google und Swisscom sowie weitere kleine und grosse Unternehmen aus dem IT-Bereich, da dort der Fachkräftemangel bereits länger herrscht und schon länger ein Umdenken stattgefunden hat.

 

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Woran erkennen Arbeitgeber ihre eigene Attraktivität – oder ihre Defizite?
Es gibt eine Reihe von grundlegenden Fragen, die gestellt werden können: Wie wird die Unternehmenskultur intern und extern wahrgenommen? Wie werden Teamgeist und Zusammenarbeit gelebt? Können der Arbeitgeber und seine Angestellten sagen, wofür das Unternehmen steht und welche Werte es vertritt? Sind die Anreize und allgemeinen Arbeitsbedingungen marktüblich? Findet das Unternehmen die gewünschten Kräfte mit einem akzeptablen Aufwand? Wichtig ist der stete Austausch mit den bestehenden Mit- arbeitenden, denn sie sind das Rückgrat des Unternehmens und sollten möglichst lange behalten werden können. Die Menschen im Unternehmen sind gleichzeitig die besten Botschafter. Sie vermitteln ihre Freude und ihre Motivation am direktesten und authentischsten an mögliche zukünftige Kolleginnen und Kollegen. Der Arbeitgeber sollte seine Attraktivität, sein Image, auch laufend überprüfen mit: Internen Befragungen, Checks von Arbeitgeberplattformen sowie Vergleich der Arbeitgeberversprechen der Mitbewerber im Arbeitsmarkt.

Wie gehen Sie dann in der Pflege und Kommunikation des USP (Alleinstellungsmerkmal) für Arbeitnehmer, wenn man so sagen will, vor?
Es geht insbesondere um die stabile Basis, d. h. um den Werte-Kanon bzw. um die sog. «Employer Value Proposition» (das Nutzenversprechen des Arbeitgebers an seine (künftigen) Angestellten). Diese Basis muss erstellt bzw. auch überarbeitet werden. Sie ist der Kern für die Kommunikation nach aussen, und – ganz wichtig! – auch nach innen. USP? Es gibt wohl kaum ein Unternehmen, das mit einem wirklich einzigartigen Vorteil auftrumpfen kann. Das muss auch nicht sein. Vielmehr muss die Arbeitgebermarke gelebt, gepflegt und richtig kommunikativ aufbereitet werden. Hier liegt dann auch die Möglichkeit der Differenzierung: Mit welcher Tonalität gehe ich auf den Markt zu? Wie relevant sind meine Botschaften und Versprechen für die jeweilige Zielgruppe? Welche Geschichten erzähle ich? Welches Bildmaterial und welche visuelle Gestaltung wähle ich? Über welche Kanäle kommuniziere ich?

 

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Wie wichtig ist hier die zielgruppenorientierte Ansprache – die Generation Z will wahrscheinlich andere Argumente hören als die «Baby Boomer»?
Die Unterteilung und Charakterisierung von Generationen ist ein gern diskutiertes Thema. Die Idee dieses Modells ist es ja, dass unterschiedliche Sozialisierungstendenzen und Erfahrungen dazu führen, dass sich Wertvorstellungen verschieben und Lebensentwürfe verändern. Doch die immer wieder neu veranstalteten Vorträge und veröffentlichten Untersuchungen zur Generation Z sind nicht zielführend. Ja, die Generation Z ist mit Internet und Mobile aufgewachsen, das hat bisher noch keine Generation in dieser Konsequenz erlebt. Fühlt sie sich aber deshalb besonders ungebunden? Wechselt sie deshalb ständig den Arbeitgeber? Hat sie deshalb absurde Lohnvorstellungen? Das sind (Vor-)Urteile von älteren Generationen, die sich schlecht in die Lage eines heute 20-Jährigen versetzen können. Die Generation Z besteht aus Menschen, die zwischen 10 und 25 Jahre jung sind. Sie haben im Wesentlichen dieselben Bedürfnisse, die wir auch hatten, als wir so alt waren. Gesellschaftliche, globale und persönliche Fragestellungen treiben sie um und werden aufs Tapet gebracht. Wichtig ist, dass man sich als Unternehmen für die Bedürfnisse und das Verhalten der aktuellen Jugend echt interessiert – und sich dann selbst (hinter)fragt, was entsprechend die Unternehmenskultur der Zukunft sein könnte. Wichtig dabei, auch hier: Es muss authentisch sein und keine oberflächliche Augenwischerei. 

Was sind die «Todsünden» von Unternehmen beim Employer Branding, die Sie in Ihrer Arbeit am häufigsten beobachten?
Einige. Es gibt (durchaus auch wirklich grosse) Unternehmen, die ihre mangelnde Attraktivität für bestimmte Berufsgruppen schlicht nicht wahrhaben wollen. Zahlreiche Unternehmen nehmen das Konzept der «Employer Value Proposition» nicht ernst. Die Versprechen sind leider zu oft platt, austauschbar, ohne echtes Engagement. Zudem wird die «Employer Value Proposition» nach innen häufig nicht gelebt und verankert. So ist es dann rasch aus mit der Authentizität. Und Ihr persönlicher Rat für Unternehmen, die sich (noch) keine Gedanken ums Employer Branding gemacht haben? Erstens: Messen Sie regelmässig den Puls. Wie ist der Stand des Unternehmens im Arbeitsmarkt? Lassen sich die benötigten Arbeitskräfte finden und akquirieren? Wie ist der aktuelle Zustand im Unternehmen selbst? Mitarbeiterzufriedenheit? Unternehmenskultur? Nur wenn Sie den aktuellen Zustand kennen, können Sie rechtzeitig eingreifen und etwas verändern. Zweitens: Nehmen Sie das Thema ernst, denn es geht um Ihr Rückgrat. Ohne motivierte und kompetente Menschen können keine marktfähigen Leistungen angeboten werden. Drittens: Der Aufwand für die Entwicklung und Verankerung der Arbeitgebermarke ist übrigens relativ überschaubar. Die Konzepte dazu sind vorhanden und warten darauf, angewendet zu werden.

Text: Stephan Ziegler

Bild: Thomas Hary

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