Preisanpassungen sind unumgänglich

Preisanpassungen sind unumgänglich
Ruedi Hänseler
Lesezeit: 4 Minuten

Zuerst die Corona-Pandemie, dann der Krieg in der Ukraine und die Energie- und Rohstoffkrise: Die vergangenen zweieinhalb Jahre waren für die Giesserei Hänseler Aluguss GmbH im thurgauischen Bürglen nicht einfach. Doch für Firmenchef Ruedi Hänseler ist Aufgeben keine Option.

Ruedi Hänseler ist Inhaber und Geschäftsführer der Giesserei Hänseler Aluguss GmbH. Für ihn sind zurzeit nicht nur die explodierenden Energiepreise sehr belastend, sondern auch die in den vergangenen Monaten stark gestiegenen Rohmaterial-Kosten. «Eine Tonne Aluminium hat uns früher 2000 bis maximal 3000 Euro gekostet», sagt Hänseler. «Heute sind es bis zu 5000 Euro, die wir für eine Tonne bezahlen. Das ist ein massiver Anstieg, wenn wir von einem durchschnittlichen Bedarf von rund 25 Tonnen pro Jahr ausgehen.»

In der Giesserei im thurgauischen Bürglen werden hauptsächlich Prototypen und Serienanfertigungen für Kunden aus Karosserie/Spenglerei, Fahrzeug-, Tor- und Hochspannungsbau, aus dem Beleuchtungs- und Baugewerbe sowie für Spital- und Dentalzubehör produziert. Hierfür werden Legierungen verwendet, die neben Aluminium auch grosse Anteile Silizium, Zink oder Magnesium beinhalten. Und auch diese Rohstoffe sind in den vergangenen Monaten «viel teurer» geworden. Als Grund für die steigenden Preise werden haupt- sächlich Materialknappheit, die steigenden Energiekosten und Lieferengpässe oder gar Unterbrüche der Versorgungsketten angegeben.

Kunden kaufen weniger

Wie hoch der Energie-Anteil an den Produktionskosten ist, lässt sich laut dem Geschäftsführer nicht so einfach sagen. «Wir giessen ganz unterschiedliche Produkte», erklärt er. «Zum einen sind es dünnwandige Teile, die stundenintensiv sind. Zum anderen gibt es aber auch eher dickwandige Teile, die mehr Material benötigen.» Das heisst, bei den einen braucht es mehr Energie, bei den anderen weniger. Hänseler schätzt, dass der Energiebedarf in seinem Unternehmen bei etwa fünf Prozent der Produktionskosten liegt, was eher «ein kleiner Teil» ist. Die Liegenschaft selbst werde mit Erdgas beheizt. «Da die Schmelzöfen schon ziemlich viel Wärme abstrahlen, müssen wir die Räume nur noch mit wenig Erdgas nachheizen.»

Die höheren Rohmaterial- und Energiepreise zwangen den Firmenchef dazu, die Produktpreise ebenfalls nach oben anzupassen. Die Direkt-Kunden hätten grösstenteils verständnisvoll reagiert, da sie rundherum mit denselben Problemen konfrontiert seien, sagt er. Trotzdem spürt das kleine Familienunternehmen, das vor 78 Jahren von Ruedi Hänselers Grossvater gegründet wurde, die Auswirkungen. Dies vor allem bei den Produkten des eigenen Sortiments, die über den Detailhandel vertrieben werden.

«Durch die Preiserhöhungen werden die Produkte für den Endkunden und die Endkundin immer teurer, und irgendwann kauft er oder sie diese nicht mehr. Und das merken wir schon heute.» Seit den Preisanpassungen sei der Umsatz bei den eigenen Produkten wie Schlauchhalter, Metallsäge oder Winkelkonsole zurückgegangen. Da die Produktion für das eigene Sortiment jedoch nicht das Hauptbusiness der Aluguss GmbH ist, sei der Umsatzeinbruch zwar sehr schmerzhaft, aber momentan noch verkraftbar.

  

Konkurrenz aus China

Mehr Sorgen macht Ruedi Hänseler, dass auch bei den Guss-Aufträgen für Grosskunden die Nachfrage zurückgegangen ist. Auslöser war die Corona-Pandemie, die ihren Anfang im März 2020 nahm. Seither hat sich die Situation für das Familienunternehmen nicht mehr entspannt. Einerseits fehlten die Aufträge, andererseits würden Bestellungen wegen Lieferstopp oder Materialknappheit verlagert respektive nach hinten verschoben. «Unser Guss-Produkt ist meistens Teil eines grossen Ganzen. Wenn aber die anderen Teile nicht produziert, geschweige denn geliefert werden können, braucht es unsere Komponenten auch nicht mehr», sagt Hänseler.

Als grosse Konkurrenz sieht er den chinesischen Markt, aber auch Länder wie Rumänien oder Tschechien hätten grosse Giessereien und produzierten zu Preisen, bei denen er kaum mithalten könne. Und innerhalb der Schweiz? Hier habe sich die Konkurrenz etwas gewandelt. «Wir sprechen mittlerweile von Mitbewerbern und versuchen, uns gegenseitig zu unterstützen, also mehr miteinander statt gegeneinander zu arbeiten», sagt er. Und das klappe sehr gut.

Aufgeben ist keine Option

Für Ruedi Hänseler ist die aktuelle Krise nicht die erste, die er als Firmeninhaber und Geschäftsführer zu meistern hat. Er kennt sich mit den Schwankungen der Wirtschaft aus. «Als ich vor zehn Jahren das Geschäft von meinem Vater übernahm, war die Auftragslage auch nicht die Beste», erinnert er sich. 2016 zog es dann auftragsmässig wieder an, bis der Erfolg durch die Corona-Pandemie abrupt gestoppt wurde. Dann kam der Krieg in der Ukraine, und es folgten die Energie- und die Rohstoffkrise. Die vergangenen zweieinhalb Jahre haben Spuren im Unternehmen hinterlassen. Aufgrund der schwierigen Situation konnte Ruedi Hänseler einen pensionierten Mitarbeiter nicht mehr ersetzen und musste Kurzarbeit anmelden. Heute hat er noch drei Mitarbeiter.

Aufgeben will der Unternehmer aber auf keinen Fall. «Unser Familienbetrieb hat in den vergangenen fast 80 Jahren schon einige Krisen er- und überlebt. Wir werden auch diese Krise meistern», ist er überzeugt. Hänseler hofft denn auch, dass es auf diesen Herbst/Winter wieder etwas anzieht. Und er ist optimistisch: «Den einen oder anderen Auftrag haben wir bereits.»

Text: Marion Loher

Bild: Reto Martin

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