Fokus Wirtschaftsstandort Thurgau

Auf Wettbewerbsfähigkeit getrimmt

Auf Wettbewerbsfähigkeit getrimmt
Daniel Wessner
Lesezeit: 3 Minuten

«Der Kanton schafft Rahmenbedingungen für einen wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort und einen funktionierenden Arbeitsmarkt» – so steht es in den Thurgauer Regierungs-Richtlinien 2020 bis 2024 geschrieben. Für die Umsetzung ist Daniel Wessner, Leiter des Amtes für Wirtschaft und Arbeit, verantwortlich. In der aktuell unberechenbaren Zeit – geprägt von Covid-Wirtschaftshilfen, Lieferengpässen, Fachkräftemangel, schwierigem Verhältnis zur EU sowie einer drohenden Energiekrise – ist dies eine besonders anspruchsvolle Aufgabe.

Daniel Wessner, auf Ihrem Arbeitstisch liegt der Entwurf des Wirtschaftsleitbildes Thurgau – ein politischer Auftrag des Kantonsparlaments. Angesichts der aktuellen Wirtschaftslage ist eine Strategieentwicklung für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit äusserst komplex. Welche Faktoren erschweren die Planung?
Die Wirtschaft ist ein vernetztes System mit ganz verschiedenen Faktoren, welche die Rahmenbedingungen beeinflussen und in die Planung miteinbezogen werden müssen. Tatsächlich machen geopolitische Einflüsse und ein wirtschaftspolitisch heikles Umfeld - nebst der Energieproblematik, Digitalisierungsprozessen, Demografie, Fachkräftemangel sowie Klimawandel - eine Strategieplanung anspruchsvoll. Im Wirtschaftsleitbild fokussieren wir uns vor allem auf beeinflussbare Parameter. Diese wollen wir intelligent und vorausschauend planen.

Welche Parameter sind das?
Wichtige Stossrichtungen sind, dass der Kanton Thurgau seinen Unternehmensstandort wettbewerbsfähig hält mit der Sicherstellung einer modernen Infrastruktur, innovationsfreundlicher Rahmenbedingungen und eines attraktiven Umfelds für Fachkräfte. Relevant ist auch die Schaffung von Flächen zur unternehmerischen Entfaltung und Entwicklung. Als Grenzkanton üben wir eine Brückenfunktion aus und fördern die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Ausserdem legen wir ein besonderes Augenmerk auf eine gute und zukunftsorientierte Bildung sowie Chancengleichheit.

Bezüglich Innovationsförderung: Ist Innovation nicht eine Aufgabe der Unternehmen?
Doch, grundsätzlich schon. In unserem künftigen Innovationsfonds geht es aber darum, attraktive Rahmenbedingungen zu schaffen, die es den Unternehmen ermöglichen, innovativ zu sein und von anderen zu lernen. So fördern wir zum einen den Wissenstransfer und setzen zum anderen gezielte Projekte als Multiplikatoren ein. Konkret kann die öffentliche Hand im Aufbau eines Ökosystems einen wertvollen Beitrag leisten, indem sie für Anschub, Vernetzung, Transfer und Transparenz sorgt.

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«Egal ob Banken, Luftfahrt, Medien, Stromfirmen, Industrien, Handwerks- oder Gastronomiebetriebe – viele fordern Unterstützung.»

Der Kanton Thurgau senkte für 2022 seine Steuern um acht Prozent. Gesunde Finanzen sind wichtig, wecken aber Begehrlichkeiten. Wo macht Ihrer Meinung nach Staatshilfe Sinn und wo nicht?
Die Wirtschaftshilfen während der Pandemie bewirkten, dass sich die Wirtschaft nach der Covid-Krise sehr schnell erholen konnte. Das war sicher sinnvoll. Mittlerweile habe ich aber den Eindruck: Nach der Rettung ist vor der Rettung. Egal ob Banken, Luftfahrt, Medien, Stromfirmen, Industrien, Handwerks- oder Gastronomiebetriebe – viele fordern Unterstützung, weil die Energiekosten ansteigen oder Lieferengpässe das Unternehmertum erschweren. Muss der Staat eine Versicherungsfunktion für alle Fälle übernehmen? Nein, der Staat ist keine Vollkasko-Versicherung! Bei finanziellen Engpässen sollten nach wie vor die Bank oder andere Finanzdienstleister erste Ansprechpartner sein. Staatliche Unterstützungsgelder sorgen für Wettbewerbsverzerrungen und verzögern den Strukturwandel. Es gehört zur Wirtschaft, dass Unternehmen aus dem Markt ausscheiden und neue entstehen.

Wie sieht es aus, wenn die Energie nicht nur teuer ist, sondern nicht ausreichend zur Verfügung steht?
Bei einer Energiemangellage sieht die Situation anders aus. Falls es tatsächlich zu einer behördlich verordneten Energiekontingentierung kommt, verbunden mit Arbeitsausfällen, sehen wir Kurzarbeitsentschädigungen vor. Diese finanzielle Unterstützung, die Massenentlassungen verhindern soll, befürworte ich ausdrücklich.

Nebst dem angespannten Energiemarkt kämpft die Wirtschaft gegen den Fachkräftemangel. Was unternimmt das AWA, um Fachkräfte in den Thurgau zu locken?
Der Thurgau ist ein dynamischer Wachstumskanton. Das verdeutlichen sowohl die vielen Neugründungen und Zuzüge von Firmen, als auch die Zunahme der Bevölkerungszahl. Die Innovationskraft der Thurgauer Unternehmen bringt automatisch begehrte Fachkräfte in den Kanton. Es gehört zur Aufgabe einer Firma, für Fachkräfte attraktiv zu sein. Wir können die Unternehmen und Branchen dabei flankieren mit Rekrutierungsveranstaltungen wie bei Pro Ost, beteiligen uns an Plattformen wie Wilder Osten oder lancieren spezielle Marketing-Kampagnen. Für Aufsehen sorgte beispielsweise unsere Aktion «Leben statt pendeln». Mit unseren Employer-Branding-Videos verhelfen wir Thurgauer Unternehmen im Rahmen der Kampagne karriere-thurgau.ch ebenfalls zu Aufmerksamkeit. Das AWA setzt sich als Arbeitsmarktbehörde zudem dafür ein, dass das Potenzial älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Firmen erkannt wird und diese relevante Generation dank Wertschätzung und Weiterbildung dem Arbeitsmarkt erhalten bleibt.

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