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Es wird schlechter, bevor es besser wird

Es wird schlechter, bevor es besser wird
Fabian Chiozza
Lesezeit: 3 Minuten

Die Geschäftslage der Ostschweizer Industrieunternehmen hat sich in den ersten Monaten des laufenden Jahres leicht verschlechtert. Davon betroffen ist auch die Haager Vakuumventilspezialistin VAT, die mit stagnierenden, gar rückläufigen Umsätzen zu kämpfen hat. Es gebe aber auch Lichtblicke, sagt CFO Fabian Chiozza.

Fabian Chiozza, nach drei Jahren beispiellosen Wachstums hat sich die Investitionstätigkeit im globalen Halbleitersektor, dem grössten Endmarkt der VAT, im ersten Quartal 2023 verlangsamt. Weshalb?
Hauptgrund dafür ist eine sich abflachende Konsumentenstimmung bei Produkten wie Smartphones, Tablets, PCs oder TV-Sets wegen der gestiegenen Inflation und des höheren Zinsniveaus. Dazu wirken sich die geopolitischen Spannungen, speziell im Halbleiterbereich zwischen den USA und China, negativ auf die globale Investitionstätigkeit aus. Verschärfend kommt hinzu, dass als Folge der globalen Lieferkettenprobleme von 2021 und 2022 derzeit noch hohe Lagerbestände bei unseren Kunden bestehen und deren Reduktion eine scharfe Korrektur der Nachfrage nach unseren Produkten ausgelöst hat.

Und wie sehr belasten Sie die hohen Energiepreise?
Die VAT gehört mit ihrem Produktportfolio und ihrer Fertigungstiefe nicht unmittelbar zu den energieintensiven Unternehmen und hat daher die Auswirkungen vom Markt verzögert zu bewältigen. Wir spüren insbesondere in unserer Supply Chain die nachgelagerten Anpassungen hinsichtlich der massiv gestiegenen Strompreise, die nun auch bei Lieferanten mit einer langfristigen Hedging-Strategie zum Tragen kommen. Insgesamt hat sich der Markt nach der Winterperiode wieder etwas korrigiert, jedoch haben viele energieintensive Unternehmen ihre Terminprodukte noch zu Vorjahresmarktpreisen für 2023 abgesichert.

Wie wird sich der Halbleiter-Markt in diesem Jahr nach entwickeln?
Wir erwarten, dass die Investitionen in Halbleiterfertigungsanlagen 2023 aufgrund kurzfristiger Marktfaktoren wie höherer Inflation, wirtschaftlicher Abschwächung in mehreren Schlüsselmärkten und anhaltenden geopolitischen Spannungen und damit verbundenen makroökonomischen Risiken zurückgehen werden.

 

  

«Einige Marktteilnehmer überdenken ihre kurzfristigen Investitionspläne.»

Warum?
Die auf das geringere Verbrauchervertrauen in vielen Märkten zurückzuführende schwächere Nachfrage nach Smartphones und PCs im Jahr 2022 hat einige Chiphersteller dazu veranlasst, ihre Kapazitäten sowohl bei Halbleitern als auch bei Displays vorübergehend zu reduzieren. Und: Die höher als erwartet ausgefallene Inflation in Verbindung mit der weltweiten Konjunkturabschwächung und den von einigen westlichen Regierungen ergriffenen Massnahmen zur Förderung der Verlagerung der Halbleiterfertigung haben einige Marktteilnehmer dazu veranlasst, ihre kurzfristigen Investitionspläne zu überdenken. Gleichzeitig wird erwartet, dass die Chiphersteller weiterhin in Ventilservice und Nachrüstlösungen investieren, um die Produktivität ihrer derzeit installierten Anlagen zu verbessern.

In einigen Bereichen konnte die VAT aber auch wachsen.
Ja. Im Advanced-Industrial-Bereich sind wir sehr zufrieden mit unseren Ergebnissen. In diesem Geschäftsfeld bedienen wir Kunden aus verschiedensten Branchen und sind daher kaum abhängig von der Halbleiterbranche. Die kontinuierliche Ausweitung der vakuumbasierten Fertigung auf industrielle Beschichtungen und E-Beam-Anwendungen könnte die geringere Nachfrage nach Halbleitern ebenfalls teilweise ausgleichen. Zudem dürfte die Nachfrage nach Photovoltaikanlagen stark bleiben, da der Übergang zu erneuerbaren Energien in den meisten Teilen der Welt beschleunigt wird.

 

Wann rechnen Sie wieder mit länger anhaltendem Wachstum?
Marktbeobachter gehen davon aus, dass die Ausgaben für Halbleiterinvestitionen (WFE) 2023 um 20 bis 30 Prozent zurückgehen, bevor sie ab 2024 wieder wachsen. Experten rechnen damit, dass sich die Verkäufe von Halbleitern bis 2030 verdoppelt, von heute circa 600 Milliarden US-Dollar auf mehr als eine Billion. Die mittelfristigen Aussichten für die VAT und die fundamentalen Wachstumstreiber für das VAT-Geschäft wie die Digitalisierung, das Internet der Dinge, Cloud-Computing, drahtlose Kommunikation oder künstliche Intelligenz stimmen optimistisch; die VAT erwartet daher in Zukunft wieder positivere Wachstumsimpulse.

Zum Schluss: Im vergangenen Geschäftsjahr haben Sie zwei neue Vertriebs- und Servicezentren in Korea und Taiwan eröffnet, die ältere Einrichtungen ersetzen. Wie lief der Start?
Bislang sind wir sehr zufrieden; unsere Erwartungen wurden erfüllt. Wir erhalten sehr positives Feedback von unseren Kunden, die unsere Investitionen und die erhöhte Präsenz und Kapazität vor Ort zu schätzen wissen.

Text: Patrick Stämpfli

Bild: Daniel Schwendener, Vaduzer Medienhaus AG

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