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«Wer lieferfähig ist, punktet»

«Wer lieferfähig ist, punktet»
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Lieferengpässe und der Mangel an Materialien und Fachleuten haben die Industrieunternehmen in den letzten zwei Jahren stark beschäftigt – ganz besonders die Maschinen-, Elektro – und Metallindustrie, die in der Ostschweiz stark vertreten ist. Der Krieg in der Ukraine birgt neue Unsicherheiten. Doch die hiesigen MEM-Unternehmen zeigen sich erfreulich robust.

«Das Geschäft hat sich deutlich besser entwickelt als erwartet», erklärt Michael Kopka, CEO der Schleifmittelherstellerin sia Abrasives Industries AG aus Frauenfeld. Mitgeprägt hat dies auch massgeblich der «Zusammenhalt in Zeiten des Abstands». Lieferengpässe und steigende Preise für Rohstoffe, Energie und Transport würden aber die weltweite Wirtschaft beeinflussen und sich auf das Geschäft auswirken. «Der markante Anstieg der Inflation in vielen Sektoren und Regionen trübt zudem den Ausblick», so Kopka.
«Aus den Bestrebungen vieler Länder hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft erwarten wir künftig aber wichtige Wachstumsimpulse.» Bosch etwa, zu der sia Abrasives gehört, arbeitet daran, bis 2030 die CO2-Emissionen entlang der Lieferkette um 15 Prozent zu senken. Vom Einkauf bis zur Produktnutzung.

Lieferfähig bleiben als Herausforderung
Beim Technologieunternehmen Hamilton AG aus dem thurgauischen Wängi, das auf Antriebssysteme spezialisiert ist, haben die letzten zwei Jahre viel Liquidität gefordert. «In unserem Fall mit Hauptliefermärkten Frankreich, Deutschland und USA und Empfangsmärkten Schweiz und Österreich litten wir entweder unter geschlossenen Lieferwerken oder geschlossenen Kundenmärkten – und dies nicht zur gleichen Zeit», erklärt Hamilton-CEO Marsha Hamilton.
2022 habe sich die Auftragslage aber nicht nur erholt, sondern übertreffe bei weitem alle Jahre davor. Doch: «Alle unsere Lieferanten sehen sich mit enormen Lieferrückständen bei Komponenten wie Turboladern, Ventilen oder Elektronikbauteilen konfrontiert, was die Motorenproduktion massiv einschränkt und teilweise zu Lieferkontingenten für Endkunden führt.» Liefertermine können aktuell kaum eingehalten werden. «Chancen entstehen im Füllen von Lücken. Wer lieferfähig ist, der punktet», sagt Hamilton.

Material-Durststrecken überstehen
Bei der St.Galler Herstellerin von Präzisionsschleifmaschinen Kellenberger & Co. AG verursachte eine Mischung aus Pandemie und dem langsam einbrechenden Markt in der Autoindustrie einen Knick. «Auch ohne Corona hätte es wohl 2020 einen Einbruch in den Auftragsbüchern gegeben», sagt CEO Viktor Gaspar. Dank guter Unterstützung von Politik und Swissmem konnte der Einbruch aufgefangen und das zweite Corona-Jahr 2021 mit vollen Auftragsbüchern abgeschlossen werden. Entsprechend selbstbewusst ist man ins 2022 gestartet. «Die Euphorie wird nun aber durch die Ukraine-Krise stark gebremst», so Gaspar.
Für das zweite Halbjahr sieht das Unternehmen eine Eintrübung der Wirtschaftslage durch Engpässe in der Rohmateriallieferkette. Das erste Halbjahr hat man noch gut auffangen können, langjährige Investitionen in Personal und Anlagen zahlen sich aus. «Wir sind durch unsere Fertigungsstrategie sehr autark und können lange Material-Durststrecken überstehen.» Auch sei der Umsatz gleichmässig auf die USA, Asien und Europa aufgeteilt, dadurch können regionale Einbussen aufgefangen werden. «Wir schauen trotzdem sehr positiv in die Zukunft und freuen uns auf den Umzug an den neuen Standort Goldach», hält Gaspar fest.

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Teuerungsschübe wegen der Krise
Der St.Galler Fisba AG, die zu den führenden Anbietern in der weltweiten Optikindustrie zählt, geht es grundsätzlich gut. «Unsere Märkte haben sich mehrheitlich erholt», sagt Fisba-CEO Markus Hersche. Das Unternehmen sei wieder auf dem Niveau vor der Corona-Pandemie.
Die aktuellen Probleme liegen auch für die Fisba nicht nur in den Lieferketten von und nach China, sondern auch in der unsicheren Situation um den Ukraine-Krieg. «Diese befeuert zum Teil auch nicht nachvollziehbare Teuerungsschübe», betont Hersche. «Durch eine ‹Neuordnung›der Wirtschaftsblöcke könnte aber auch Europa wieder etwas mehr profitieren.»

Gut gefüllte Neuprojekte-Pipeline
Auch die Cicor-Gruppe aus Bronschhofen, weltweit tätige Anbieterin von elektronischen Gesamtlösungen mit rund 2300 Mitarbeitern, hat sich im vergangenen Jahr trotz anhaltender Corona-Pandemie und weiter zunehmenden Versorgungsengpässen bei elektronischen Komponenten gut erholt. «Der Auftragseingang hat Ende 2021 einen historischen Höchststand erreicht und übertraf das Vorjahr um fast ein Drittel», erklärt Michael Götti, Vice President Corporate Marketing & Communications. Dies insbesondere auch dank der «sehr gut gefüllten Neuprojekte-Pipeline».
Cicor legt weiterhin ein Hauptaugenmerk auf die Sicherstellung der Lieferfähigkeit gegenüber ihren Kunden. Das Unternehmen verfüge über volle Auftragsbücher und komme mit der Integration der neu akquirierten Unternehmen gut voran. «Daher budgetieren wir ein signifikantes Wachstum, sehen aber aufgrund der weltwirtschaftlichen Lage und weiterhin bestehenden Engpässen in der Materialversorgung von einem quantitativen Ausblick ab», sagt Götti.

Gefährliche Abhängigkeit vom Ausland
«Wir haben die Corona-Pandemie so weit gut überstanden, da wir ziemlich schnell Massnahmen zur Eindämmung von Ansteckungen im Betrieb eingeführt haben», sagt Diana Gutjahr, Mitinhaberin der Stahl- und Metallbaufirma Ernst Fischer AG aus Romanshorn. «Glücklicherweise wurden die Baustellen nicht eingestellt, was für unseren Betrieb fatale Folgen gehabt hätte.»
Für Gutjahr, die auch Präsidentin von metal.suisse ist, dem Dachverband der Stahl-, Metall-, und Fassadenbauweise, zeigen die Covid-Pandemie und der Krieg in der Ukraine, welcher Materialiengpässe verschärft und gerade die Stahlpreise massiv verteuert, etwas sehr deutlich: «Unsere Auslandabhängigkeit ist einfach zu gross und betrifft den Industriesektor massiv.» Es sei an der Zeit, ernsthaft darüber nachzudenken, wie die Politik Rahmenbedingungen schaffen könnte, um die Attraktivität für die produzierende Industrie hierzulande zu verbessern. So könnten etwa überhöhte Netzzuschläge und Mehrfachbesteuerungen reduziert werden.

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Lieferengpässe wirken sich aus
Der Vakuumventil-Hersteller VAT aus Haag hat sich in den letzten zwei Jahren trotz der Pandemie sehr gut entwickelt. «In der Halbleiterbranche, unserem Hauptkundensegment, herrscht ein starker Wachstumstrend mit Investitionen in neue Produktionsanlagen auf einem noch nie dagewesen Niveau», erklärt VAT-CEO Michael Allison. VAT konnte davon profitieren; der Umsatz stieg 2021 um 30 Prozent. Die aktuellen Engpässe in den globalen Lieferketten stellen aber auch für VAT eine Herausforderung dar. «Es ergeben sich fast täglich neue Situationen, die rasches Handeln erfordern», sagt Allison. «VAT konnte diese Herausforderungen bis jetzt sehr gut lösen und jederzeit die Lieferbereitschaft für die meisten Produkte sicherstellen.» Negative Auswirkungen auf das VAT-Wachstum stellen derzeit eher Lieferschwierigkeiten anderer Lieferanten an VAT-Kunden dar. «Dadurch sind unsere Kunden gezwungen, auch bei VAT temporär weniger Produkte und Dienstleistungen abzurufen.»

Extrem lange Lieferfristen
Die Maschinen- und Metallverarbeiterin Wicon AG aus Andwil steht nach einem schwierigen Jahr 2020 mit Kurzarbeit wieder gut da: 2021 konnte das Unternehmen den Umsatz markant steigern. «Vor allem der Anlagenbau ist dank einer strategischen Partnerschaft stark gewachsen», erklärt CEO Markus Naegeli. Die grössten Herausforderungen liegen auch für Naegeli in den steigenden Kosten – bei Rohstoffen wie Stahl und Aluminium, bei Elektro-Komponenten – und bei der Energie, was Wicon als Grossabnehmer stark trifft. «Die höheren Kosten können wir teilweise über Preiserhöhungen abfedern», sagt Naegeli. Lieferzeiten von im Extremfall über einem Jahr machen ihm fast mehr Sorgen. «Die Wartelisten sind lange und eine Priorisierung der eigenen Bestellung lässt sich nicht erzwingen.»
Chancen sieht Wicon im zunehmenden Bedarf an Automatisierungen und Sondermaschinen. Naegeli ist auch überzeugt, dass künftig mehr Firmen auf Outsourcing-Partner zurück greifen wollen, die den Anlagenbau für sie übernehmen.

Lieferfähig dank regionalen Partnern
Auch bei der Zünd Systemtechnik AG aus Altstätten hat die Pandemie Spuren hinterlassen. «Am deutlichsten spürten wir zu Beginn den Absatzrückgang in der grafischen Industrie, einem unserer Hauptmärkte», sagt CEO Oliver Zünd. Ein Vorteil ist hier, dass das Unternehmen noch sechs weitere Hauptmärkte mit seinen digitalen Schneidsystemen bedient. «Schwächelte eine Branche, konnten wir das dank breiter Abstützung bislang immer kompensieren.» Auch blieb Zünd dank eines regionalen Lieferantennetzwerkes immer lieferfähig. «Zwei Drittel der Komponenten lassen wir im Umkreis von 20 Kilometern im Rheintal und der näheren Region fertigen.» Für die Zukunft ist Zünd zuversichtlich. So hat man vor wenigen Wochen die Vorarbeiten für einen Neubau am Hauptsitz in Altstätten abgeschlossen, der 2025 bezogen werden soll. «Wir wachsen weiter, unsere Auftragsbücher sind voll», hält Zünd fest. Herausfordernd seien die langen Lieferfristen, der Fachkräftemangel und das Risiko von unterbrochenen Lieferketten. «Unsere erhöhten Anstrengungen in der Beschaffung von Komponenten werden wir wohl im gesamten 2022 aufrechterhalten müssen.»

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Weiterhin gut auf Kurs
Die MEGA GOSSAU AG, Spezialist für Metalldruckguss und Baubeschläge, ist «ausgezeichnet» durch die Pandemiephase gekommen. «2021 war das Rekordjahr für die MEGA», freut sich CEO Daniel Schudel. 2022 startete das Unternehmen mit einem komfortablen Auftragsbestand, der bis heute noch weiter gesteigert wurde. «Der Geschäftsverlauf unserer weltweit tätigen Kundschaft ist ungebrochen gut.» Herausforderungen, aber auch Chancen für MEGA als KMU in der MEM-Industrie sieht Schudel in der Verfügbarkeit von Fachpersonal, der strategischen Beschaffung der Rohstoffe und der Energie, dem Umgang mit dem starken Schweizer Franken, der Optimierung der Supply Chain, auch als Dienstleistung für die Kunden, sowie in der Digitalisierung und Automation der Produktion – aber auch in den administrativen Bereichen.

Hohe Marktdynamik
Auch der Bronschhofer Stahldienstleister SCHMOLZ + BICKENBACH Stahlcenter AG, kurz SCHMOBI, hat die letzten zwei Jahre erfolgreich gemeistert. «Mit unserer starken Teamorientierung freuen wir uns über die zurückgewonnene Nähe im Team sowie mit unseren Kunden und Geschäftspartnern», freut sich CEO Peter Breitenmoser. Das Stahlcenter blieb jederzeit offen, die Auftragslage ist gut, die Auslastung hoch. Knappe Verfügbarkeiten, längere Lieferfristen, neue Energiezuschläge, Kostensteigerungen und Sanktionsmassnahmen stellen das Unternehmen wie viele andere täglich vor neue Herausforderungen. «In dieser Zeit suchen wir mit unseren Geschäftspartnern gemeinsam nach Lösungen», sagt Breitenmoser. Als führender Stahldienstleister für die Schweizer MEM-Industrie und deren Zulieferer könne SCHMOBI sich genau in solchen Zeiten mit Qualität, Geschwindigkeit und Partnerschaft beweisen.

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