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«Liquidität ist die Atemluft jedes Unternehmens»

«Liquidität ist die Atemluft jedes Unternehmens»
Raoul Egeli
Lesezeit: 4 Minuten

In der dritten Generation führt Raoul Egeli aus Teufen die Egeli-Gruppe mit 220 Mitarbeitern in St.Gallen, Arbon, Basel, Bern, Lugano und Zürich. Als Präsident des Verbandes Creditreform und von Creditreform International stehen die Interessen von Gläubigern im Mittelpunkt seines Wirkens. Der Autor mehrerer Fachbücher zu Kredit- und Debitorenmanagement weiss, worauf KMU besonders achten müssen.

Raoul Egeli, warum ist ein effektives Kredit- und Debitorenmanagement für Unternehmen so wichtig?
Liquidität ist die Atemluft jedes Unternehmens. Ohne liquide Mittel, um die eigenen Rechnungen zu begleichen, ist jede noch so gute Leistung des Unternehmens nutzlos. Das Geld in der Kasse kann nur aus eigenen Forderungen kommen. Deshalb gilt es, besonders darauf zu achten, dass dieses Geld auch fliesst – durch vorsorgende Bonitätsprüfungen und ein effizientes Inkasso.

Gegenwärtig machen wieder vermehrt sogenannte «Konkursreiter» Schlagzeilen. Wie wappnet man sich als KMU dagegen?
Das Problem beschäftigt uns schon seit Jahren. Konkursreiter werden von Unternehmen gegen ein Entgelt als einziger Vertreter ihrer eigentlich konkursreifen Firma gewählt, um diese abzuwickeln, während sie selbst ausscheiden. Diese «Bestatter» betreiben nicht selten ein doppeltes Spiel: Sie reiten die Firma in den Konkurs, bestellen vorher aber noch Waren, die sie nicht bezahlen und stattdessen weiterverkaufen. Wir von Creditreform erkennen dank vertiefter Analysen die Machenschaften solcher Personen frühzeitig. Unsere Mitglieder werden ohne Zeitverzug informiert und können die notwendigen Massnahmen ergreifen.

Welche Risiken bestehen, wenn Unternehmen das Kredit- und Debitorenmanagement vernachlässigen?
Sie verlieren unnötig wichtige Umsatzprozente. Wenn ein Unternehmen Debitorenverluste von 1,5 Prozent erleidet, macht das bei einem Umsatz von zwei Millionen satte 30´000 Franken aus. Bei einer Umsatzrendite von sechs Prozent kann dieser Debitorenverlust nur mit einem zusätzlichen Umsatz von einer halben Million Franken kompensiert werden. Da liegt es nahe, alles zu tun, um die Debitorenverluste zu minimieren.

 

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«Gerade die Bewirtschaftung der Bestandskunden wird gerne vernachlässigt.»

Wie kann eine gründliche Bonitätsprüfung dazu beitragen, Zahlungsverluste zu vermeiden?
Es lohnt sich immer, ein Problem an der Wurzel zu packen. Unsere Bonitätsauskünfte erlauben eine sehr zuverlässige Einschätzung, ob ein Kunde fähig ist, bei Lieferung auf Rechnung auch zu zahlen. Creditreform stellt auf breiter Datenbasis die dazu notwendigen Informationen zur Verfügung, damit sehr rasch entschieden werden kann.

Auf welche Bonitätskriterien sollten Firmen bei der Aufnahme neuer Kundenbeziehungen achten?
Eine Prüfung der Kreditwürdigkeit oder auch das Monitoring eines Kundenbestandes hängt nicht von einzelnen Kriterien ab. Es geht darum, sich ein umfassendes Bild zu machen. Dabei spielen Zahlungserfahrungen, Inkassofälle, Betreibungen, Verlustscheine, amtliche Meldungen wie Konkurse, Vernetzungen, aber auch Rechtsform, Branche oder das Alter einer Firma eine Rolle.

Welche Tools empfiehlt Creditreform zur Bewertung der Bonität neuer Kunden?
Das hängt ganz vom Kunden ab. Je grösser der Kundenstamm, desto wichtiger ist die Systemintegration, um die Prozesse für die Kreditwürdigkeitsprüfung oder das Monitoring des Kundenstammes zu optimieren. Hat ein Kunde einen Online-Shop, ist die Systemintegration unerlässlich. Er kann aber auch über das Web zugreifen, Plug-ins in seine Shoplösung integrieren oder dank unserer Schnittstelle die Bonitätsprüfung direkt in seine Systeme integrieren.

 

«58 Prozent der Verfahren werden mangels Aktiven eingestellt, weitere 40 Prozent summarisch erledigt.»

Wie wichtig ist es, regelmässig die Bonität bestehender Kunden zu überprüfen?
Gerade die Bewirtschaftung der Bestandskunden wird gerne vernachlässigt. Dabei ist es hier besonders wichtig, denn der Niedergang eines Unternehmens kommt meist schleichend. Solche Prozesse lassen sich mit unseren Tools frühzeitig erkennen. Dann kann es mitunter gelten, die Kreditlimiten anzupassen oder einen Lieferstopp vorzunehmen.

Welche Rolle spielen Wirtschaftsauskunfteien wie Creditreform im Kredit- und Debitorenmanagement?
Nur bei bestehenden Kunden gibt es einen Erfahrungsschatz über deren Zahlungsverhalten, allerdings ist dieser nur auf die eigenen Erfahrungen beschränkt. Bei Neukunden gibt es überhaupt keine Einschätzungsmöglichkeit. Wir schliessen in beiden Fällen diese Informationslücken und bereiten diese elektronisch so auf, dass eine Bonitätsprüfung jederzeit möglich ist. Damit sind wir ein wichtiger «Enabler» für die Wirtschaft, indem wir den Vertrauensvorschuss einer Lieferung auf Rechnung absichern. Ferner unterstützen wir unsere Kunden auch bei der Geltendmachung ihrer Forderung und übernehmen für sie das Inkasso. 

Welche häufigen Fehler machen Unternehmen beim Management ihrer Debitoren, und wie können diese vermieden werden?
Forderungsverluste entstehen bereits bei der Akquisition und nicht erst bei der Rechnungsstellung. Es ist zwingend nötig, die Bonität eines Kunden bereits vor Vertragsabschluss zu prüfen. Viele Gläubiger denken immer noch, dass sie ihr Geld notfalls auf dem Betreibungsweg eintreiben können. Das ist ein Trugschluss. Gerade bei kleinen Forderungen sind die Betreibungskosten viel zu hoch. Die Beseitigung eines Rechtsvorschlags scheitert meistens schon daran, dass keine handschriftlich unterzeichnete Schuldanerkennung vorliegt, und ein Prozess lohnt sich meistens nicht.

 

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«Forderungsverluste entstehenbereits bei der Akquisition und nicht erst bei der Rechnungsstellung.»

Wie hoch sind die Erfolgschancen für die Gläubiger bei einem Firmenkonkurs?
Leider ist das nahezu hoffnungslos, wie ein Blick in die Statistik zeigt. 58 Prozent der Verfahren werden mangels Aktiven eingestellt, weitere 40 Prozent summarisch erledigt. Knapp zwei Prozent der Verfahren werden widerrufen. Es gibt in der Schweiz jährlich nur noch rund ein Dutzend ordentliche Konkursverfahren, die in der Regel ausseramtlich abgewickelt werden. Erschreckend tief ist dann noch die zu erwartende Konkursdividende. Sie liegt im Schnitt bei weniger als drei Prozent. Bei einem zu erwartenden Kostenvorschuss von 5000 Franken lohnt sich das also erst ab einer Forderung von 150´000 Franken.

Wie sollten Unternehmen mit Kunden umgehen, die bereits Zahlungsprobleme hatten?
Jeder Kunde erhält eine Lieferung oder Leistung. Als Lieferant gilt es dabei zu entscheiden, ob und bis zu welchem Betrag man in Vorleistung geht, also auf Rechnung liefert. Sind die Zahlungsprobleme zu gravierend, muss man zwingend eine Vorauszahlung verlangen. Dann wird sich rasch zeigen, ob der Kunde dazu in der Lage ist.

Text: Stephan Ziegler

Bild: Marlies Beeler-Thurnheer

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