Fokus Consulting/Leadership

Der ewige Kampf um Talente

Der ewige Kampf um Talente
Roger Nellen
Lesezeit: 5 Minuten

Die Personalberaterin und Headhunterin Nellen & Partner AG aus St.Gallen bringt qualifizierte Fach-, Führungskräfte und Verwaltungsräte mit anspruchs- vollen Arbeitgebern zusammen – und das seit nunmehr 30 Jahren. Inhaber Roger Nellen blickt auf die vergangenen drei Jahrzehnte zurück und wagt einen Blick in die Zukunft. Dabei beurteilt er die Generation Z gar nicht mal so kritisch.

Roger Nellen, können Sie sich noch an das erste Mandat von Nellen & Partner vor 30 Jahren erinnern?
Ja, natürlich. Ich durfte damals noch für den Schweizerischen Bankverein mehrere Privatkundenberater suchen. Voller Stolz verkündigte ich dies meinem Team und startete dieses anspruchsvolle Projekt. Mit der erfolgreichen Erfüllung des Mandats war der Grundstein für die zukünftigen Jahre gelegt.

Was gab 1992 den Ausschlag für die Selbstständigkeit?
Ich durfte in einem sehr innovativen, erfolgreichen und stark wachsenden Unternehmen die Personalleitung übernehmen. Dies erforderte mitunter auch die Zusammenarbeit mit Executive-Search-Unternehmen; dadurch lernte ich deren Welt und Arbeitsweisen kennen. Mich faszinierten dabei das Personalwesen mit allen seinen Facetten sowie der starke Bezug zur Wirtschaft ganz allgemein. Gleichzeitig identifizierte ich Verbesserungspotenzial in dieser Art von Beratungstätigkeit. Daraus ergab sich die Mission, die Mandanten durch die Rekrutierung der passenden Persönlichkeiten nachhaltig beim weiteren Erfolg der Unternehmung zu unterstützen. Nachdem ich die Anfrage von einem Executive-Search-Unternehmen erhalten hatte mit der Option, dieses auch käuflich zu er-werben zu können, packte ich die Chance.

Und was ist das Erfolgsrezept, dass Sie heute jährlich mehr als 130 Top-Kader vermitteln können?
Ich denke, es ist unsere Spezialisierung in verschiedenen Fachbereichen, unser grosses Netzwerk mit langjährigen Kontakten sowohl auf Kunden- und Kandidatenseite, die vielen Empfehlungen, die wir erhalten aufgrund von vertrauensvollen Beziehungen und dass unsere Berater über die relevanten Fachkompetenzen und Expertisen verfügen. Es sind zudem unsere klar definierten, strukturierten Prozesse sowie die moderne Suchmethodik mit ihren unterschiedlichen Instrumenten. Nicht zuletzt sind es auch die Freude, die Begeisterung und die oberste Zielsetzung von jedem einzelnen Teammitglied, ein Mandat erfolgreich abschliessen zu können. Und dies mit viel Durchhaltewillen und einer ansteckenden Leidenschaft.

 

  

Was hat sich seit 1992 auf dem Kadervermittlungsmarkt vor allem verändert?
Die Digitalisierung hat unsere Branche stark verändert und nimmt wesentlichen Einfluss auf unsere Tätigkeit. Die Digitalisierung schafft hohe Transparenz und Geschwindigkeit gleichermassen. Die Suchmethodik hat sich auch entsprechend stärker auf das Active Sourcing verlagert. Daraus resultieren Vor- wie auch Nachteile. Aktuell sind Unternehmen geneigt, die Suche vorerst selbst zu versuchen. Bleibt dies ohne Erfolg oder fehlen die notwendigen Ressourcen, führt der Weg dann oft über externe Partner. Unsere Dienstleistung wird insbesondere auch dann geschätzt, wenn die Vakanz aus besonderen Gründen nicht an die Öffentlichkeit gelangen darf und Diskretion sowie Vertraulichkeit oberste Priorität haben. Natürlich hat sich auch der Arbeitsmarkt in den letzten 30 Jahren stark verändert. Der Fachkräftemangel bzw. «War of Talents» regiert den Markt und stellt auch unser Business immer wieder vor Herausforderungen. 

Dass Sie vieles richtig machen, beweist die Verweilquote von 95 Prozent – soviele der vermittelten Kandidaten sind ein Jahr nach Stellenantritt noch in derselben Position. Das spricht für einen aufwendigen Selektionsprozess?
Ja, das ist so. Und je länger die vermittelten Personen im Unternehmen bleiben, desto besser ist dies für unsere Reputation. Richtig ist, dass wir einen aufwendigen wie sorgfältigen Such- und Selektionsprozess pflegen. Zentral dabei sind natürlich die Qualifikation und Expertise unserer Berater mit ihrer langjährigen Berufserfahrung. Und dann leben wir intern wie extern eine sehr kooperative wie vertrauensvolle Zusammenarbeit. Wir kennen unsere Kundschaft sehr gut und betreiben einen entsprechenden Aufwand, um die besten Mitarbeiter für sie zu finden. Zudem leben wir ein aktives Qualitätsmanagement in Form einer Kundenbefragung nach je- dem finalisierten Mandat, um auch weiterhin die Nachhaltigkeit und Qualität unserer Prozesse zu beleuchten und zu optimieren. 

Aus Unternehmerkreisen hören wir immer wieder, dass sie sich Sorgen um den Nachwuchs machen – die Generation Z stellt ihre eigenen Bedürfnisse vor diejenigen des Unternehmens. Wie reagieren Sie darauf?
Wie sagt man so schön: Geht es den Mitarbeitern gut, dann geht es dem Unternehmen gut. Geht es dem Unternehmen gut, dann geht es auch den Mitarbeitern gut. Es ist ein Ausgleich, ein Geben und Nehmen. Die Einstellungen und Ziele der Generation Z haben sich etwas verschoben im Vergleich zu früher. Sie definieren Erfolg etwas anders. So sind Selbstverwirklichung, der Wunsch nach sinnstiftender Tätigkeit und die intrinsische Motivation stärker ausgeprägt. Ausserdem ist Sicherheit für diese Generation wichtig, dazu gehören langfristige Arbeitsverträge und finanzielle Sicherheit. Natürlich zählen auch die modernen Arbeitsweisen bzw. New Work und moderne IT-Strukturen zum Gesamtpaket, schliesslich sprechen wir hier von den Digital Natives. Klar ist, dass gegen- seitiges Verstehen und gemeinsame Ziele eine Basis schaffen, in der man auch zukünftig, gemeinsam erfolgreich sein kann. Und wir versuchen hier auch, Brückenbauer zwischen den Unternehmen und den jeweiligen Kandidaten zu sein.

 

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«Unsere Dienstleistung wird insbesondere auch dann geschätzt, wenn die Vakanz nicht an die Öffentlichkeit gelangen darf.»

Beim aktuellen Fachkräftemangel auf allen Stufen muss der Arbeitgeber mehr bieten als einen guten Lohn. Wie wichtig sind Benefits?
Benefits gehören zum Gesamtpaket und sind nicht zu unterschätzen. Dazu gehören: Sinnhaftigkeit in der Aufgabe, Wertschätzung und eine offene Feedback-Kultur, fachliche wie persönliche Weiterentwicklung, berufliche Perspektiven, konkrete Entwicklungsmöglichkeiten, Renommee des Arbeitgebers sowie Sicherheit des Arbeitsplatzes. Auch Flexibilität bei Teilzeitmöglichkeit und Homeoffice (Work-Life-Balance) sowie attraktive Anstellungskonditionen sind nach wie vor von Bedeutung.

Gleichzeitig wird von den Arbeitgebern immer stärker ein Employer Branding verlangt. Ist diese Imagepflege wirklich notwendig?
Unbedingt. Es herrscht nach wie vor ein Kampf um Talente. Unternehmen sind heute mehr denn je aufgefordert, sich insgesamt als attraktiven Arbeitgeber zu positionieren und sich von anderen Wettbewerbern im Arbeitsmarkt positiv abzuheben. Wichtig ist letztlich jedoch, dass diese Versprechen auch eingehalten und nicht nur schön dargestellt werden.

Ein Thema, um das man heute nicht herumkommt, ist auch Diversity. Sind die Arbeitgeber auch bereit für Vielfalt im Team, oder wird hier nach wie vor eher «more of the same» nachgefragt?
Unsere Erfahrung sagt ja, die Bereitschaft seitens der Unternehmen besteht. Sie suchen teilweise sogar explizit die Vielfalt. Doch auch hier die Erwähnung: Diversity muss von beiden Seiten gewollt und gelebt sein, auf allen Organisationsebenen. Wir spüren die positiven Signale aktuell stärker von den Unternehmen als von den potenziellen Kandidaten. Denn auch für die Kandidaten bedeutet Diversity, den Schritt aus dem gewohnten Umfeld, aus der Komfortzone raus zu wagen, sowohl im beruflichen als auch im privaten Alltag.

 

 

Hand aufs Herz: Lassen sich auch ältere Kader vermitteln, oder gibt es eine Grenze, ab der nichts mehr geht?
Dies ist nach wie vor möglich. Je nachdem, wie die Unter- nehmen und Teams aufgestellt sind, werden langjährige Berufserfahrung und Lebenserfahrung sehr geschätzt. Aber ja, ab 55-60 Jahren wird es leider schwierig im Arbeitsmarkt.

Und wie sieht es mit Frauen aus, die auf dem C-Level immer noch untervertreten sind? Mangelt es an Kandidaten – oder an der Offenheit der Arbeitgeber?
Unsere Erfahrung ist, dass es selten an der Offenheit der Arbeitgeber liegt. Meist werden wir explizit um weibliche Kandidaturen gebeten. Aufgrund der Erfahrungen aus unseren Prozessen liegt es vielmehr an der «Verfügbarkeit» oder auch der Bereitschaft der Frauen. Wir erleben leider noch sehr oft, dass es viele Frauen gibt, die sich trotz Qualifikation die Positionen nicht zutrauen, selbst zu kritisch mit sich sind und dadurch sich zurückhaltend, distanziert und wenig offen zeigen. Oder nicht wissen, wie sie ihre Ansprüche an eine C-Level-Rolle kommunizieren können, ohne sich damit zu sehr in den Vordergrund zu drängen. Aus unserer Sicht ein Merkmal, das fehl am Platz ist. Wir kennen eine Vielzahl von hoch qualifizierten Frauen, denen wir solche Rollen auf der Stelle zutrauen würden. Daher ist eins sicher: Wenn wir bei Kandidatin und Unternehmen einen Match hinsichtlich fachlicher und persönlicher Anforderungen sehen, dann scheitert es nie am Geschlecht.

Text: Stephan Ziegler

Bild: Marlies Thurnheer

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