Wirtschaftsraum Thurgau

Voller Einsatz für die Hausbesitzer

Voller Einsatz für die Hausbesitzer
Der neue Präsident des Hauseigentümerverbands Thurgau, Stefan Mühlemann, führt als Unternehmer die Brauhaus Sternen AG in Frauenfeld
Lesezeit: 4 Minuten

Die mächtigste Interessenvertretung im Kanton Thurgau hat eine neue Spitze: Die SVP-Kantonsräte Stefan Mühlemann als Präsident und
Pascal Schmid als Vizepräsident führen neu den erfolgreichen Hauseigentümerverband.

17 Jahre stand Gallus Müller an der Spitze des Thurgauer Hauseigentümerverbandes, der inzwischen auf 21 000 Mitglieder angewachsen ist – eine Zahl, bei der jede politische Partei vor Neid erblasst. Tatsächlich ist der HEV Thurgau auch eine politische Macht, und als es um die Nachfolge von Gallus Müller ging, der auch als CVP- bzw.- Mitte-Vertreter im Grossen Rat sitzt, galt dieses politische Mandat als Voraussetzung: Der neue Präsident müsste aus dem Kreis der 130 Mitglieder des Thurgauer Kantonsrates kommen.

«Die Sogwirkung für ausserkantonale Zuzüger wird bleiben.»

Der mächtigste Mann im Kanton?

Das ist nun doppelt erfüllt, sowohl der neue Präsident Stefan Mühlemann als auch der neue Vizepräsident Pascal Schmid sind Kantonsräte – beide gehören der SVP-Fraktion an, was anlässlich der Wahl im September bei einzelnen HEV-Mitgliedern ein leichtes Stirnrunzeln auslöste. «Dass wir beide der SVP angehören, ist sekundär», beschwichtigt der neue Präsident, der nicht nur als Kantonsrat, sondern auch als Gemeinderat und Vize-Gemeindepräsident von Aadorf agiert. «Es geht einzig um die Interessen der Hauseigentümer.» Stefan Mühlemann betont, dass sich im HEV Thurgau Mitglieder aus allen Parteien für gemeinsame Ziele einsetzten, auch wenn der Verband eher bürgerlich geprägt sei. Die Frage, ob er nun der heimlich mächtigste Mann im Kanton sei, löst bei Mühlemann ein Schmunzeln aus, «Nein, so sehe ich das nicht», winkt er ab. «Meine Aufgabe ist es, den Verband, der in letzten Jahren beachtlich gewachsen ist, weiterhin erfolgreich in die Zukunft zu führen.»

 

Junge für HEV gewinnen

Dieser Erfolg wird sich an verschiedenen Kriterien messen lassen. Die Mitgliederzahl ist nur eine davon, «wenn man die nur schon halten kann, wäre das gut» sagt Mühlemann, um dann doch ein bisschen ambitionierter nachzulegen: «Wir wollen insbesondere auch jüngere Leute für den HEV gewinnen, das ist sicher eine Herausforderung.» Beim Nachwuchs denkt Mühlemann nicht nur ans weitere Wachstum der Mitglieder. Es brauche immer auch Leute, die mitarbeiten und sich etwa in den Sektionen für Milizarbeit im Vorstand zur Verfügung stellen. «Wir haben zwölf sehr starke Sektionen, die den kantonalen Verband tragen.» Für Besitzer von Eigentumswohnungen oder Einfamilienhäusern wie für professionelle Vermieter gibt es zwei wesentliche Gründe, sich dem HEV anzuschliessen: Der Verband lobbyiert für die Interessen der Immobilienbesitzer, und er unterstützt sie mit einer grossen Palette an Dienstleistungen. «Das ist ein Grund, warum der HEV Erfolg hat, weil wir eben auch diese Dienstleistung erbringen können», weiss Stefan Mühlemann – «und das zu recht günstigen Konditionen, im Thurgau zahlen die Mitglieder im Schnitt kaum 50 Franken Jahresbeitrag.»

 

 

Beratung im Kompetenzzentrum

Erste Anlaufstelle für Mitglieder seien immer die jeweiligen Sektionen, erklärt Mühlemann, für komplexere Fragen steht dann das bei der professionell geführten Geschäftsstelle um Leiter Thomas Dufner angesiedelte Kompetenzzentrum des kantonalen Verbands zur Verfügung. Dort erhalten Mitglieder beispielsweise eine umfassende Beratung bei Fragen zu Verträgen, zum Hausverkauf oder bei rechtlichen Auseinandersetzungen. Dauerbrenner bei der Rechtsberatung sind die Themen Mietverträge, Kündigungsformulare und Hausordnungen. Auch bei Liegenschaftsbewertungen oder Wohnungsabnahmen bietet der HEV Hilfe an. Während diese operativen Themen von der Geschäftsstelle bearbeitet werden, kümmert sich der Vorstand um strategische und politische Fragen. Davon gibt es einige, auf Bundesebene ist es gerade der wiederholte Anlauf, um den Eigenmietwert abzuschaffen. Auch auf kantonaler Ebene stehen wieder Steuerfragen im Immobilienbereich zur Debatte. Im Grossen Rat ist ein von immerhin 60 Kantonsräten unterzeichneter Vorstoss hängig, der die Abschaffung Doppelbesteuerung fordert. Im Kanton Thurgau zahlt jeder Immobilienbesitzer für seine Liegenschaft sowohl Vermögenssteuer als auch eine zusätzliche Liegenschaftssteuer. Diese soll nun nach dem Willen von Vertretern quer durch die Thurgauer Parteien abgeschafft werden. Liegenschaften würden im Thurgau dann wie in vielen anderen Kantonen nur einmal, über die Vermögenssteuer, veranlagt.

 

«Die Liegenschafts- und die Handänderungssteuer gleichzeitig abzuschaffen, ist eine Illusion.»

Nachfrage hält an

Unmittelbar nach dem Vorstoss zur Liegenschaftssteuer wurde auch noch eine Motion eingereicht, gemäss der die Handänderungssteuer gestrichen werden soll – was nicht der Position des HEV entspricht: «Die Liegenschaftssteuer und die Handänderungssteuer gleichzeitig abzuschaffen, ist eine Illusion», hält Stefan Mühlemann fest. Zusammen entstünde ein Ausfall von 61 Millionen Franken, die Handänderungssteuern zu streichen dürfte zudem schwierig werden, weil davon auch die Gemeinden profitieren. In der Schweiz wird der Traum vom Eigenheim für Familien mit durchschnittlichen Einkommen immer schwieriger zu realisieren. Im Thurgau allerdings sind die Preise moderat und insbesondere einiges günstiger als im Nachbarkanton Zürich. «Darum sind die Preise hier aber stärker angestiegen», sagt Stefan Mühlemann. Während 2020 im Schweizer Schnitt die Immobilienpreise um 3,5 Prozent anzogen, kletterten sie im Thurgau um 4,1 Prozent. «Die Sogwirkung für ausserkantonale Zuzüger wird bleiben, davon kann man ausgehen», ist Mühlemann überzeugt, denn die Corona-Pandemie hat die Nachfrage angefeuert, die Menschen möchten ein Eigenheim oder eine eigene Wohnung geniessen, wo es auch Platz für ein Homeoffice hat.

 

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