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Erste Silberstreifen am Horizont

Erste Silberstreifen am Horizont
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Licht und Schatten liegen in der Ostschweizer MEM-Branche derzeit eng beieinander: Während nicht wenige Betriebe vorwiegend über gestiegene Energiekosten und Einkaufspreise für Material klagen, freuen sich andere über zunehmend kürzer werdende Lieferfristen und eine ermutigende Auftragslage. Allgemein an Schärfe zugenommen hat unterdessen die Suche nach geeigneten Fachkräften.

Alducto Arbon: Lieferkettenprobleme erschweren Planung

Die Sanierung des Hallenflachdaches hatte für den 1983 gegründeten Arboner Stahlhärter Alducto AG im ersten Vierteljahr Vorrang. «Damit verbessern wir unsere Energiebilanz spürbar», sagt CEO Norbert Löpfe. Die Auftragslage bewege sich wie 2022 auf relativ hohem Niveau. Gestiegene Strompreise machten der Induktionshärterei kaum zu schaffen, da man dem bisherigen Energielieferanten treu geblieben und nicht in den freien Markt gewechselt sei, ergänzt er. «Davon können auch unsere Kunden profitieren».

Probleme bereiten indessen auch seinem Unternehmen der überdurchschnittlich angestiegene Gaspreis. Durch Verträge mit günstigen Bedingungen habe die Alducto bereits 2022 die Rohstoffpreise bis Ende dieses Jahres festschreiben können. Lieferkettenprobleme betreffen auch den Stahlhärter, der zwei Dutzend Mitarbeiter zählt: «Bestellte Aufträge werden deswegen nach hinten verschoben, das hinterlässt ein ungutes Gefühl und die Planung wird schwieriger. Wir sind gezwungen, sehr flexibel auf diese Situation zu reagieren», sagt Norbert Löpfe. Wichtig sei jedoch, dass die Wertschöpfung in der Firma verbleibe und nicht ins Ausland abwandere.

Gietz Gossau: Gut entwickelte Auftragslage

Schwierigen Situationen in der Lieferkette zum Trotz setzt die Gossauer Gietz AG, die Maschinen für die Druckveredelung und -weiterverarbeitung herstellt, «alles daran, in Absprache mit den Kunden, die Projekte zu realisieren», sagt Daniel Sund, Produktionsleiter und Mitglied der Geschäftsleitung. Dank der lokalen Beschaffung sei es gelungen, die Lieferkette bei mechanischen Artikeln aufrechtzuerhalten. Grossen Aufwand verursacht die Beschaffung elektronischer Artikel. Dank reger Kommunikation mit den Zulieferern erarbeite man «auch in diesem Bereich praktikable Lösungen». Die Auftragslage des 1892 gegründeten Unternehmens hat sich in jüngster Zeit sehr gut entwickelt. Bis Ende des erstens Quartals 2024 ist demnach eine Grundauslastung gesichert.

Starken Strompreiserhöhungen um den Faktor 7 wirkt das Unternehmen Daniel Sund zufolge mit einer PV-Anlage auf Hallen- und Bürodach entgegen. Auf den inzwischen deutlich spürbaren Fachkräftemangel reagiert das Unternehmen mit verstärkten HR-Marketingaktivitäten. «Zusätzlich arbeiten wir an der Modernisierung unserer Arbeitsplätze, passen Abläufe und Einrichtungen an künftige Bedürfnisse an und überarbeiten unsere Berufsausbildung, um Nachwuchs zu sichern.»

  

KUK Appenzell: «Einkaufspreise oft willkürlich erhöht»

Auf die vergangenen Monate zurückblickend, zieht Manuel Inauen, CEO des Spulen- und Elektronikherstellers KUK aus Appenzell, eine positive Zwischenbilanz: «Die Nachfrage entwickelt sich weiter erfreulich und Sektoren, die mehr Nachhaltigkeit bringen, wachsen stark, angefangen bei der Elektromobilität mit Ladestation und E-Auto bis zum Strommarkt inklusive Photovoltaik.» Auch der Medizinsektor erweise sich bei induktiven Komponenten als starker Wachstumsmarkt. Derzeit gelte es, die massiv gestiegenen Einkaufspreise und die hohe Teuerung im EU-Raum zu überwachen, ergänzt Inauen. «Wir haben den Eindruck, dass Preise oft willkürlich erhöht werden. Das schwächt langfristig unsere europäische Wirtschaftsleistung.»

Manuel Inauens Worten zufolge entspannen sich die Materialengpässe seit mehreren Monaten und Lieferanten sind wieder pünktlicher. «Logistikkapazitäten sind inzwischen ausreichend vorhanden und die Transportkosten sinken, im Gegensatz zu den anhaltenden Preissteigerungen beim Material». Auch KUK hält ständig Ausschau nach neuen und geeigneten Mitarbeitern. «Wir übertragen ihnen zahlreiche Kompetenzen, verzichten dabei auf ein umfangreiches Regelwerk und appellieren an die Eigenverantwortung.»

Daniel Sund, Norbert Löpfe, Manuel Nauen, Otto Hofstetter, Peter Breitenmoser, Jens Breu
Daniel Sund, Norbert Löpfe, Manuel Nauen, Otto Hofstetter, Peter Breitenmoser, Jens Breu

Otto Hofstetter Uznach: Überzeit, um Termintreue zu halten

CEO Otto Hofstetter, dessen Familienbetrieb Spritzgiesswerkzeuge für Verpackungen der Lebensmittelindustrie in Uznach herstellt, beurteilt die Auftragslage seit Ende 2022 als überaus positiv. «Wir haben eine sehr tiefe Eigenfertigung und motivieren unsere Mitarbeiter, Überzeit zu leisten. Somit können wir Termintreue halten.» Da das Unternehmen längerfristig geltende Abnahmeverträge ausgehandelt hat, seien die Energiepreise «nur um etwa zehn Prozent pro Jahr» gestiegen. Allerdings müsse man bei den Rohstoffpreisen für hochwertigen Werkzeugstahl seit drei Jahren beträchtliche Steigerungen hinnehmen, «sie bewegten sich zwischen 15 und 30 Prozent pro Jahr».

Lieferengpässe habe man vermieden, indem Abnahmeverträge um ein halbes Jahr früher abgeschlossen wurden. «Wir haben zum Glück immer mit inländischen und europäischen Herstellern zusammengearbeitet, somit war die Verfügbarkeit kein allzu grosses Problem», sagt Otto Hofstetter. Derzeit beschäftigt der Betrieb etwa 90 Prozent Berufsleute und zehn Prozent Angelernte. Als Vorteil bezeichnet Hofstetter die betriebseigene Ausbildung von Lehrlingen, die danach noch einige Zeit im Betrieb verblieben.

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SFS Heerbrugg: Uneinheitliche Auftragslage

Die Auftragslage des Unternehmens für applikationskritische Präzisionskomponenten und Baugruppen, mechanische Befestigungssysteme, Qualitätswerkzeuge und Logistiksysteme hat sich nach Darstellung von CEO Jens Breu in letzter Zeit uneinheitlich entwickelt. «Während konsumentennahe Geschäftsbereiche, wie etwa das Geschäft mit Kunden aus der Elektronikindustrie, durch Lagerabbau unserer Kunden und somit teilweise reduzierter Auftragslage betroffen sind, ist die Auftragslage beispielsweise im Geschäft mit Kunden aus der Medizinaltechnik oder der industriellen Fertigung wie erwartet stabil.» Die breite Positionierung in Bezug auf Endmärkte und Regionen erlaube SFS, bereichsspezifische Phasen niedrigerer Auslastung zu kompensieren, bekräftigt der CEO, dessen Unternehmen weltweit 13'500 Mitarbeiter beschäftigt.

«Insgesamt konnte das Unternehmen in den vergangenen Jahren eine hohe Lieferfähigkeit aufrechterhalten und die Kunden meist zuverlässig beliefern», sagt Jens Breu. Bislang weniger betroffen sei SFS durch Fachkräftemangel. «Benötigte Personalressourcen konnten wir mit den relevanten Qualifikationen meist einstellen, ohne negative Auswirkungen auf die Geschäftsbereiche in Kauf nehmen zu müssen.»

Schmobi Wil: Kürzere Lieferfristen als Vorzeichen einer Normalisierung?

Eine im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres deutlich geringere Auftragsentwicklung als erwartet konstatiert Peter Breitenmoser mit Blick auf die vergangenen Monate. «Wir verspüren die Folgen einer gewissen Nervosität bei den Kunden, die wegen einer zurückgegangenen Nachfrage selbst noch über grosse Lagervorräte verfügen, die zunächst abgebaut werden müssen», berichtet der CEO des in Wil ansässigen Stahldienstleisters Schmobi, der 1959 gegründet wurde und rund 100 Mitarbeiter beschäftigt.

Von Materialengpässen und Lieferkettenproblemen sei das KMU in Familienbesitz nicht betroffen, im Gegenteil: «Die Materialverfügbarkeit ist gut, Lieferfristen haben sich wieder verkürzt, alles deutet auf eine Normalisierung hin», stellt Peter Breitenmoser fest. Dafür mache der zunehmende Fachkräftemangel dem Unternehmen zu schaffen: «Es ist eindeutig schwieriger geworden, vakante Stellen mit Mitarbeitern zu besetzen, die unseren Ansprüchen genügen.» Stark an Gewicht gewinnen werden Breitenmosers Worten zufolge auch für Schmobi die Weiterentwicklung der Automatisierung und Digitalisierung der Betriebsabläufe sowie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz.

Text: Thomas Veser

Bild: zVg

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