Ostschweiz

Ostschweizer Wirtschaft mit steigenden Preisen konfrontiert

Ostschweizer Wirtschaft mit steigenden Preisen konfrontiert
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Die konjunkturelle Lage in der Ostschweiz ist weiterhin gut, aber die Belastungsfaktoren nehmen zu. Der Mangel an Materialien und Vorprodukten sowie die Preissteigerungen belasten die Planungssicherheit bei den Unternehmen und beginnen die Konjunkturdynamik abzubremsen. Der Arbeits- und Fachkräftemangel habe sich zudem akzentuiert, hat das Konjunkturboard Ostschweiz herausgefunden.

Der Geschäftslageindikator der Kernregion Ostschweiz notiert auf hohem Niveau und deutlich über dem Stand des Indikators für die Gesamtschweiz. Ein Grossteil der Unternehmen schätzt die aktuelle Lage als gut bis sehr gut ein. Insbesondere die Binnenmarkt-orientierten Sektoren stufen die aktuelle wirtschaftliche Situation als erfreulich ein. Der Detailhandel stabilisiert sich auf hohem Niveau.

Belastend wirken dürfte allerdings in den kommenden Monaten die merklich eingetrübte Konsumentenstimmung. Der Krieg in der Ukraine und die sinkende Kaufkraft aufgrund steigender Preise drücken auf die Stimmung. Das Gastgewerbe profitiert von der Aufhebung der Corona-Massnahmen. Durch die Rückkehr an den Arbeitsplatz besuchen auch über Mittag wieder mehr Gäste ein Restaurant.

Im Baugewerbe ist die Auftragslage sehr gut und auch die Stimmung ist in den Ostschweizer Betrieben positiv. Für das aktuelle Quartal wird mit einer leicht höheren Bautätigkeit gerechnet. Deutlich verschärft haben sich unterdessen aber auch im Bau die Lieferschwierigkeiten sowie die Preisentwicklung: 59 Prozent der befragten Unternehmen im Bausektor beklagen einen Mangel an Materialen und Vorprodukten, deutlich mehr als noch im Vorquartal, als rund ein Drittel der Unternehmen Probleme bei der Beschaffung meldete.

Im Gegensatz zur Binnenwirtschaft hat sich in der Industrie die Stimmung bereits merklich eingetrübt. Zwar ist die Auftragslage gut, die verschärften Probleme bei der Beschaffung von Halbfabrikaten und Rohstoffen sowie die Preissteigerungen für Vorprodukte erschweren jedoch die Planbarkeit. Am stärksten ist die Belastung im Maschinen- und Fahrzeugbau sowie in der Elektronik- und Elektrotechnikbranche. Im Maschinen- und Fahrzeugbau sind schweizweit vier von fünf Unternehmen von Lieferproblemen betroffen.

  
Beat Schiffhauer
Beat Schiffhauer

Chinesische Corona-Nulltoleranzpolitik und Energiepreise in der Ostschweiz spürbar

Unterdessen sind die Lieferschwierigkeiten und der Mangel an Vorprodukten nicht mehr nur ein Problem der international vernetzten Industrie, sondern haben fast sämtliche Branchen erfasst.

«Die Lieferprobleme dürfte sich auch in der Ostschweiz noch weit in dieses Jahr hineinziehen.» sagt Beat Schiffhauer, Konjunktur- und Finanzexperte der St.Galler Kantonalbank. «Insbesondere, weil aus China keine Anzeichen einer Änderung der aktuellen Corona-Nulltoleranzpolitik zu erkennen sind.»

Gleichzeitig führen die hohen und stark schwankenden Energiepreise zu Preissteigerungen bei energieintensiven Vorprodukten. Der Preiserhöhungsdruck bei den Unternehmen bleibt hoch. Aufgrund des Krieges in der Ukraine und den damit verbundenen Sanktionen seitens der EU und der USA ist hier nicht mit einer Entspannung zu rechnen.

«Entscheidend bleibt der Grad der Verflechtung der Ostschweiz mit der unmittelbar betroffenen EU. Gerade die eng mit uns verzahnte süddeutsche Industrie ist ein gewichtiger Faktor für die hiesigen Unternehmen. Produktionsausfälle und Kostendruck wirken sich schnell auf unsere Firmen aus», fügt Schiffhauer an.

Fachkräfte- wird zum Arbeitskräftemangel

Neben den Preissteigerungen und Lieferschwierigkeiten ist der Mangel an Arbeitskräften ein zusätzliches Erschwernis für die Unternehmen. Dieser akzentuiert sich branchenübergreifend. «Noch nie war der Anteil der Unternehmen, die einen Mangel an Arbeitskräften beklagten, so hoch», sagt Jan Riss, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der IHK St.Gallen-Appenzell.

In der Region St.Gallen-Appenzell sind rund 38% der befragten Industriebetriebe von einem Arbeitskräftemangel betroffen. Im Baugewerbe ist es unterdessen jedes zweite Unternehmen. «Im Unterschied zu vor der Corona-Krise ist es nicht mehr nur ein Fachkräftemangel, sondern in zahlreichen Branchen ein Arbeitskräftemangel insgesamt», ergänzt Riss. Ein Blick auf die offenen Stellen stützt diese Erkenntnis.

Der überwiegende Anteil der gesuchten Arbeitsprofile in der Ostschweiz betrifft Jobs mit vergleichsweise tiefen Qualifikationsanforderungen. Die Gründe für den Arbeitskräftemangel sind vielschichtig: «Mit der einsetzenden Pensionierungswelle der Babyboomer-Generation öffnet sich demografisch bedingt eine grosse Lücke am Arbeitsmarkt», so Riss. Durch die Pandemie verliessen zudem viele Arbeitnehmende ihren angestammten Beruf und orientierten sich um. Ein Zurück in den vorherigen Job kommt für viele nicht mehr in Frage.

«Gleichzeitig ist der Bedarf an Arbeits- und Fachkräften durch die gut laufende Konjunktur in fast allen Segmenten gestiegen», erklärt Riss. Viele Unternehmen machen zunehmend Konzessionen, um ihre Mitarbeitenden bei der Stange zu halten.

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