Mitarbeiterbeteiligung 2.0

Mitarbeiterbeteiligung 2.0
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Start-ups tun sich manchmal schwer, Mitarbeiter am Unternehmenserfolg zu beteiligen – weil noch kein solcher erwirtschaftet werden konnte. Rechtsanwalt Michael Kummer kennt Alternativen.

Es bieten sich etwa «Phantom Stocks» an – anstelle echter Aktien wird eine virtuelle Beteiligung in Aussicht gestellt. Dieses Modell eignet sich auch für Unternehmen, die ihre Angestellten zwar am Erfolg beteiligen, ihnen aber (noch) keine Aktionärsstellung einräumen wollen.

Wesentlicher Erfolgsfaktor insbesondere für Start-ups

Mit Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen können Unternehmen finanzielle Anreize schaffen, um Mitarbeiter zu motivieren, an das Unternehmen zu binden und zu unternehmerischem Denken anzuspornen. Insbesondere Start-ups stehen aufgrund ihrer in der Regel beschränkten Möglichkeit, marktkonforme Gehälter zu zahlen, vor der Herausforderung, qualifizierte Mitarbeiter zu rekrutieren.

Gerade bei Start-ups können solche Programme als zusätzliche Entschädigung eingesetzt werden, um trotz geringen Gehältern und langen Arbeitszeiten qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Solche Programme können einen wesentlichen Erfolgsfaktor nicht nur für mittel- und grosskapitalisierte Unternehmen, sondern insbesondere für Start-ups mit beschränkten finanziellen Mitteln darstellen.

Was ist ein VSOP und was sind Phantom Stocks?

Im Gegensatz zu klassischen Mitarbeiterbeteiligungen (Employee Stock Option Plan, «ESOP»), erhält der Mitarbeiter bei einem Virtual Stock Option Plan («VSOP») anstelle echter Aktien eine virtuelle Beteiligung am Aktienkapital, sog. Phantom Stocks. Dem Mitarbeiter wird vertraglich ein Anspruch auf eine Beteiligung am Unternehmenserfolg entsprechend einer fiktiven Eigenkapitalbeteiligung eingeräumt.

Bei Phantom Stocks handelt es sich um eine rein schuldrechtliche Beteiligung, die wertmässig Aktien und damit eine anteilige Partizipation am Aktienkapital widerspiegelt. Sie stellen den Mitarbeiter vermögensrechtlich einem Aktionär gleich, ohne dass diesem eine Aktionärsstellung zukommt. Der Mitarbeiter erhält eine Anwartschaft auf eine Bargeldabfindung bei bestimmten Ereignissen, etwa einen anteiligen Anspruch auf den Jahresgewinn oder einen Exit-Erlös.

Im VSOP werden Voraussetzungen, Umfang und Details der virtuellen Beteiligung wie Ausübungspreis, Ausübungs-, Halte- und Sperrfristen, Ansprüche auf Gewinnbeteiligung sowie der Fall eines Exits geregelt. Regelmässig erhält der Mitarbeiter nicht sämtliche Phantom Stocks auf einmal, sondern erst nach Ablauf einer bestimmten Zeitspanne (Cliff Period) und dann fortlaufend auf einen bestimmten Zeitraum verteilt (Vesting Period). Mit einer zeitlichen Staffelung kann sichergestellt werden, dass nur mittel- und langfristig für das Unternehmen tätige Mitarbeiter am Erfolg partizipieren. Zudem verpufft der Motivationseffekt nicht auf einmal, sondern es besteht eine fortwährende Motivation.

  

Vor- und Nachteile von VSOPs und Phantom Stocks

Mit VSOPs können Incentives geschaffen werden, da Mitarbeitern die Möglichkeit geboten wird, an der Wertschöpfung, an der sie mitgewirkt haben, zu partizipieren. Indem Mitarbeiter am Unternehmenserfolg teilhaben, werden sie motiviert, an das Unternehmen gebunden und zu unternehmerischem Denken ermutigt. VSOPs sind ein geeignetes Mittel, um den Gründern neben einem niedrigen Gehalt attraktive Konditionen zu bieten und um in einer frühen Entwicklungsphase des Unternehmens qualifizierte Mitarbeiter zu rekrutieren. Gerade bei Start-ups dienen VSOPs als attraktives Entschädigungsmodell bei einer risikobehafteten Unternehmensmentalität. Die Implementierung eines VSOP erfolgt – im Gegensatz zu ESOPs – schnell, unkompliziert und kostengünstig.

Mit einem VSOP können die bei klassischen Programmen auftretenden Schwierigkeiten bei der Bereitstellung der Aktien vermieden werden. Verfügt ein Unternehmen nicht über eigene Aktien, müssen die im Rahmen eines ESOP auszugebenden Aktien beschafft oder neu ausgegeben werden. Eine mit einem ESOP verbundene Kapitalerhöhung ist ein aufwendiges und kostspieliges Prozedere. Es entstehen Kosten für die Durchführung der Kapitalerhöhung, die notarielle Beurkundung, seitens der Bank sowie aufgrund der Eintragung im Handelsregister. Diese Kosten entfallen bei einem VSOP.

Auf Erfolgsbeteiligung beschränkt

Die Ausgabe echter Aktien an Mitarbeiter ist nicht selten für die Kapitalgeber uninteressant und mit Schwierigkeiten bei der Ausgestaltung der Konditionen verbunden. Denn der Mitarbeiter erhält sämtliche Aktionärsrechte und damit auch Einsicht in die Geschäftsbücher sowie ein Stimmrecht an der Generalversammlung. Gerade in überschaubaren Strukturen möchte man die Mitarbeiter auf die Beteiligung am Erfolg beschränken. Der grösste Vorteil von VSOPs liegt daher darin, dass die Mitarbeiter lediglich wirtschaftlich an der Entwicklung des Unternehmenswerts beteiligt werden, ohne dass ihnen Aktionärsrechte zukommen. Da bloss virtuelle Aktien ausgegeben werden, verändert sich auch die Aktionärsstruktur nicht und eine Verwässerung der Aktionäre ist ausgeschlossen.

Phantom Stocks sind auch in steuerlicher Hinsicht vorteilhaft: Sie werden von der Eidg. Steuerverwaltung als «unechte Mitarbeiterbeteiligungen » qualifiziert, weil sie dem Mitarbeiter keine Rechte wie Stimm- und Dividendenrechte einräumen, weshalb sie bis zu ihrer Realisation als blosse Anwartschaften zu werten sind. Geldwerte Vorteile aus unechten Mitarbeiterbeteiligungen unterliegen der Einkommenssteuer und sind erst im Zeitpunkt ihres Zuflusses steuerbar (Art. 17c DBG). Im Falle eines Exit-Erlöses resultiert bei Phantom Stocks im Gegensatz zu echten Aktien kein steuerfreier privater Kapitalgewinn.

 

Fazit

Mitarbeiterbeteiligungsprogramme sind attraktiv sowohl für die Rekrutierung qualifizierter Mitarbeiter als auch deren langfristige Bindung an das Unternehmen. Phantom Stocks können über die Start-up-Phase hinaus eine interessante Möglichkeit der Incentivierung von Mitarbeitern sein. VSOP kommen in den unterschiedlichsten Ausgestaltungen vor und können an die Entwicklungsphase und die Bedürfnisse eines Unternehmens angepasst werden.

 

Insgesamt profitieren der Arbeitgeber, indem er ein schnelles, unkompliziertes und kostengünstiges Mittel zur Mitarbeitermotivation und -bindung hat, der Mitarbeiter, indem er am Erfolg des Unternehmens beteiligt wird, und die Aktionäre, indem ihr Stimmrecht nicht verwässert wird.

Dieser Text von Michael Kummer von der St.Galler Kanzlei Stach Rechtsanwälte ist aus der LEADER Ausgabe Nov/Dez 2020.