Gast-Kommentar

Goldige Aussichten?

Goldige Aussichten?
Alessandro Sgro
Lesezeit: 3 Minuten

Seit Mitte Februar erklimmt der Goldpreis Rekord um Rekord. Das Momentum ist erstaunlich stark. Die Treiber sind vielfältig und doch weckt die mysteriöse Gold-Rally Zweifel. Wohin könnte die Entwicklung noch führen? Und was gilt es aus Sicht von Anlegerinnen und Anleger zu beachten? Antworten gibt Alessandro Sgro in der LEADER-Finanzkolumne «Inside financial markets».

Text: Alessandro Sgro, Chief Investment Officer Cronberg AG

Gold hat eine lange Tradition als Vermögensspeicher. Es ist zudem die älteste Währung und wurde in vielen Hochkulturen (Ägypten, Rom, China) als Zahlungsmittel verwendet. Diese über Jahrhunderte währende Wertkonstanz und letztlich das Vertrauen in den Werterhalt des gelben Edelmetalls ist erstaunlich.

Erstaunlich ist auch der jüngste Preisanstieg. Seit Mitte Februar resultierte eine Performance von 17.4 Prozent. Von den wichtigsten Anlageklassen ist Gold die einzige Anlageklasse, die im zweiten Quartal an markant an Wert zugelegt hat.

Performance verschiedener Anlageklassen, in Lokalwährung (Quellen: SIX-Telekurs, Cronberg Asset Management)
Performance verschiedener Anlageklassen, in Lokalwährung (Quellen: SIX-Telekurs, Cronberg Asset Management)

Das Kursmomentum von Gold ist stark und die Preisentwicklung erfreulich, allerdings auch ungewöhnlich, entkoppelt sie sich doch auffallend von bekannten historischen Zusammenhängen. So verliert Gold in der Regel an Wert, wenn die Realzinsen steigen und sich der US-Dollar aufwertet, was derzeit beides der Fall ist.

Dieser Zusammenhang macht Gold als zinslose Geldanlage unattraktiver. Auf der anderen Seite gilt Gold als Krisenwährung und als Inflationsschutz. Krisen gibt es aktuell leider viel zu viele und die Inflationsraten sind in wichtigen Regionen der Welt insgesamt immer noch zu hoch. Das wären Faktoren, die Investoren in den sicheren Hafen treiben würde. Doch die Nachfrage nach Gold-ETF’s, die mehrheitlich vollständig in physischem Gold gedeckt sind, ist global rückläufig.

Was treibt den Goldpreis derart stark an? Die Goldnachfrage kann in drei Kategorien unterteilt werden: Industrie (zur Schmuckherstellung und bei Technikprodukten), Finanzinvestoren und Notenbanken. Die Finanzinvestoren sind – wie anhand der Nachfrage nach Gold-ETF’s ersichtlich ist – aktuell nicht die grossen Treiber.

Die Konjunktur und damit die Nachfrage aus der Industrie hat sich jüngst belebt, kann aber nicht für einen derart starken Anstieg des Goldpreises verantwortlich gemacht werden. Bleiben die Notenbanken. Die Goldkäufe der Notenbanken haben in den vergangenen zwei Jahren deutlich zugenommen. Mittlerweile lagern ungefähr 20% des jemals geschürften Goldes in den Tresoren der Notenbanken.

Den Ton bei den Goldkäufen geben aktuell die Notenbanken der Türkei, Indiens und allen voran Chinas an. Hier versuchen die Notenbanken auch, ihre historisch hohen Währungsreserven in USD und damit die Abhängigkeit von den USA zu reduzieren. Das ist als Misstrauensvotum gegenüber der Schuldenpolitik der USA zu verstehen.

In China und Indien sind es allerdings gemäss den Statistiken der Branchenorganisation World Gold Council ausserdem Privatinvestoren, die vermehrt Gold nachfragen. Während in Indien zunehmend ein immer wohlhabenderer Mittelstand den Goldmarkt entdeckt, sind es in China die schlechte Performance an den Aktienmärkten sowie die Krise am Immobilienmarkt, die zur Goldnachfrage führen.

  

Gold als Stabilisator im Portfolio und die Gefahr, etwas zu verpassen?

Gold gilt in unsicheren Zeiten traditionell als Stabilisator im Portfolio. Die in der Regel geringe Korrelation mit anderen Vermögenswerten wie Aktien, Obligationen und Immobilien macht es zu einem wichtigen, strategischen Bestandteil eines gut diversifizierten Portfolios. Zudem bietet Gold Schutz vor Inflation. Der Performancebeitrag von Gold ist langfristig aber eher marginal, zumal das gelbe Edelmetall keinen Zinsertrag abwirft, bei physischer Haltung Lagerkosten verursacht und ähnlich stark schwanken kann wie Aktien.

Trotzdem stellt sich Anlegerinnen und Anleger nach dem jüngsten Kursanstieg verständlicherweise die Frage, ob nun eine Investition in Gold Sinn ergeben würde. Nun, diese Frage ist einerseits nicht allgemein beantwortbar und hängt von der persönlichen finanziellen Situation jedes Einzelnen ab. Andererseits wird die künftige Preisentwicklung von verschiedenen Faktoren beeinflusst, die allesamt mit einer hohen Unsicherheit behaftet sind. Als grosse strukturelle Stütze im Preisanstieg erwiesen sich in den vergangenen Monaten die Notenbanken. Nach starken Preissprüngen wie jüngst drosselten sie in der Vergangenheit jeweils ihre Käufe.

Der Goldpreis ist aktuell anfällig für einen Rücksetzer. Sollten nun viele Anlegerinnen und Anleger sich zu einem Kauf entscheiden, weil sie Angst bekommen etwas zu verpassen, kommt nicht nur eine psychologische Komponente hinzu. Der Goldmarkt würde vielmehr durch Erwartungen und Spekulationen als durch fundamentale Argumente getrieben. Damit steigt die Gefahr einer Preiskorrektur nochmals.

Am Schluss ist die zentrale Frage: Welche Anlageklassen und in welcher Kombination passen sie zur persönlichen finanziellen Situation? Denn jede Anlageklasse hat ihre eigenen Stärken und Schwächen, die es im Kontext der eigenen Risikofähigkeit und finanziellen Ziele zu berücksichtigen gilt ‑ eine sehr individuelle Angelegenheit, die einer seriösen Analyse bedarf.

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